Aus den Nachrichten des SR vom
17.11.2005:
http://www.sr-online.de/nachrichten/740/435479.html
"Abbaustopp in Grangeleisen droht
Schon wieder hat in der Region Lebach die Erde gebebt. Diesmal erreichten die Erschütterungen eine Stärke von 3,1 auf der Richterskala. Das Ministerium will den Abbau in Grangeleisen stoppen, die DSK will dagegen klagen.
(15.11.2005) Lange hatte sich die Politik aus dem Gerangel um die Kohleförderung im Flöz Grangeleisen heraus gehalten und das Feld der DSK, dem Bergamt und dem Verwaltungsgericht überlassen. Das jüngste Beben hat die Landesregierung nun aber doch auf den Plan gerufen: Die Betriebsplanzulassung für die Steinkohlegewinnung im Streb 20.3-Ost, also Grangeleisen, wird widerrufen.
Dieses komplizierte Amtsdeutsch hat eine simple Ãœbersetzung: Noch in dieser Woche will die Landesregierung erneut einen Abbaustopp im Flöz Grangeleisen durchsetzen.
Die Landesregierung begründete diesen Schritt mit der Zahl und der Intensität der bergbaubedingten Erderschütterungen, die zu einer nicht mehr zumutbaren Belastung der Bevölkerung im Landkreis Saarlouis geführt hätten. Mit den Erschütterungen gehe eine massive Gefährdung des öffentlichen Interesses einher. Der Abbaustopp soll schwere Nachteile für das Gemeinwohl abwenden. Bevor der Abbau Ende dieser Woche endgültig eingestellt werde, müsse noch die Deutsche Steinkohle AG (DSK) angehört werden, so Wirtschaftsstaatssekretär Albert Hettrich. Dies könne innerhalb von ein bis zwei Tagen geschehen.
Gleichzeitig kam Hettrich dem Argument zuvor, die DSK könne nicht auf den Abbau im Flöz 20.3 Ost verzichten. Ein endgültiger Abbaustopp in Grangeleisen sei für das Bergwerk Saar nicht existenziell. Der Abbau im nächsten Streb 20.4 Ost könne aus seiner Sicht früher beginnen.
Aufgrund anderer geologischer Gegebenheiten erwarten Experten dort weniger Erderschütterungen.
DSK strebt erneutes Eilverfahren an
Die DSK will gegen das drohende Aus für den Streb 20.3 Ost wieder gerichtlich vorgehen. DSK-Sprecher Karlheinz Pohmer erklärte auf SR 3 Saarlandwelle, man strebe ein Eilverfahren an und hoffe auf einen schnellen Gerichtsentscheid zugunsten der Kohleförderung in Grangeleisen. Im Endeffekt hingen zu viele Arbeitsplätze an der Förderung im Flöz Grangeleisen.
Die 450 Mitarbeiter in Grangeleisen waren während des Abbaustopps nach dem gescheiterten Hydro-Frac-Verfahren Ende Oktober vorübergehend in Kurzarbeit gegangen. Sollte diesmal ein endgültiger Abbaustopp verordnet werden, seien diese Arbeitsplätze jedoch grundsätzlich in Gefahr.
In diesem Fall sei auch der Streb 20.4 Ost keine Alternative. Dieser stehe nicht in Wartestellung, sondern könne erst angegangen werden, wenn der Streb 20.3 abgearbeitet sei. Und dies ist laut Pohmer erst im September 2006 der Fall - eine Ãœberbrückung sei nicht möglich. Zunächst will die DSK nun aber wieder Kurzarbeit anmelden.
IG BCE sieht Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet
Die IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) warf der Landesregierung vor, mit der Anweisung eines Abbaustopps würden das Bergwerk Saar und damit 4500 Arbeitsplätze direkt auf dem Bergwerk und 2500 weitere in den Bereichen Service und Bergbautechnik gefährdet. IG BCE-Bezirksleiter Michael Riedel bezweifelte die Rechtmäßigkeit dieser wiederholten Anweisung zum Abbaustopp und forderte die Regierung auf, ihn wieder zurück zu ziehen.
Bergwerk Ensdorf
In der Region Lebach, Saarwellingen und Hülzweiler fördert das Bergwerk Saar am Standort Ensdorf aus dem Doppelstreb 8.9 und 8.10 Ost, dem Flöz Schwalbach, und aus dem Streb 20.3 Ost, dem Flöz Grangeleisen.
Der Landesverband der Bergbaubetroffenen sieht in der Entscheidung der Landesregierung, nun doch in dieser Frage wieder aktiv zu werden, eine neue Qualität. Gerhard Ziegler vom Landesverband sagte dem Saarländischen Rundfunk, das Land habe stets bestritten, hier Einfluss nehmen zu können - nun tue sie es aber doch. Auch dass nur das Flöz Grangeleisen geschlossen werden soll, scheint nicht nachvollziehbar. Ziegler forderte, den Abbaustopp auf das Flöz Schwalbach auszudehnen. Dort seien die Erschütterungen zum Teil häufiger und schlimmer als im Flöz Grangeleisen.
Erschütterung mitten in der Nacht
In der Nacht zum Dienstag hatte die Erde in der Region Lebach erneut gebebt.
DSK-Sprecher Pohmer erklärte, dies habe jedoch mit dem Flöz Grangeleisen nichts zu tun gehabt. Vielmehr gehen die Erschütterungen, die Lebach kurz vor drei Uhr heimsuchten, nach DSK-Angaben auf den Bergbau im Flöz Schwalbach zurück. Nach Angaben der Polizei erreichten die Erschütterungen diesmal eine Stärke von 3,1 auf der Richterskala. Aber Grangeleisen machte sich ebenfalls wieder bemerkbar: Am Dienstagnachmittag bebte die Erde auch in der Gegend Schwalbach/Hülzweiler mit einer Stärke von 2,6.
Binnen einer Woche wurden die Anwohner also zum wiederholten Mal aufgeschreckt. Die nächtlichen Schwingungen waren sogar noch stärker als in der vergangenen Woche, als die Freiburger Seismologen eine Stärke von 2,8 auf der Richterskala gemessen hatten. Insgesamt bebte die Erde in der Region um Lebach, Hülzweiler und Saarwellingen in diesem Jahr schon mehr als 30 Mal.
Hintergrund
sr-online.de
"Grangeleisen fördert wieder", 03.11.2005
Spannungen über und unter Tage
Ende September hatte das Bergamt für das Flöz bei Hülzweiler einen vorläufigen Abbaustopp verhängt, damit die DSK mit Hilfe des Hydro-Frac-Verfahrens den Spannungen im Gebirge zu Leibe rücken und somit auch die Gefahr von bergbaubedingten Beben eindämmen sollte. Diese Maßnahme schlug jedoch fehl. Daraufhin bewirkte die DSK beim Verwaltungsgericht, dass der Abbaustopp wegen eines Rechtsfehlers in der Abbaustopp-Anordnung des Bergamts gekippt wurde. Seit Anfang November durfte in Grangeleisen wieder Kohle gefördert werden."
Die RAG scheint vergesslich zu sein - wir nicht!!!