Du hast das gut erkannt. Morgen wird man uns wieder Märchen erzählen. War nicht zu erwarten, wir machen schneller, langsamer, genauso weiter. Die Ursache war drüber, drunter, davor, dahinter, daneben und sowieso war es ein natürliches Beben.
Die Spielchen gehen schon solange ich mich mit der Materie beschäftige und vermutlich noch viel länger genauso zu. Die frecheste Behauptung war im Oktober 2001, als "die Spezialisten" nach dem damals schlimmsten Beben sagten, das wäre nicht bei uns sondern in Belgien gewesen
,,Irgendwann fällt das Dach runter"
Stärkste bergbaubedingte Erschütterungen wurden am späten Montagabend gemessen
Eidenborns Ortsvorsteher Günther Prediger fordert die DSK auf, den Abbau in der Grube Ensdorf so lange auszusetzen, bis sie die Erdbeben im Griff hat. Unterstützung erhält er von CDU-Kreisparteichef Altmaier.
Kreis Saarlouis (mst/rup). ,,Die Deutsche Steinkohle AG muss so lange den Kohleabbau einstellen, bis sie die Erdbeben im Griff hat", fordert Eidenborns Ortsvorsteher Günther Prediger nach den bisher stärksten bergbaubedingten Erschütterungen in der Montagnacht – eine Sache, die CDU-Kreisparteichef Peter Altmaier unterstützt. ,,Wir verlangen von der DSK, umgehend für Abhilfe zu sorgen oder den Abbau so lange einzustellen, bis die Ursachen klar sind und geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Beben ergriffen sind." In einem Fax an die Dillinger Lokalredaktion der ,,Saarbrücker Zeitung" verlangte der Bundestagsabgeordnete vom Oberbergamt, dass es seine Funktion als Aufsichtsbehörde deutlicher als bisher erkennbar wahrnehme. Hatte die Erdbebenwarte Freiburg unmittelbar nach dem Beben die Stärke mit 3,6 nach der offenen Richterskala angegeben, korrigierte sie sie am Dienstagmorgen nach unten: 3,2.
Ein Fehler des Computers entschuldigten sich die Württemberger – eine Sache, die der Eidenborner nicht so recht glauben will. ,,Es war das stärkste Beben, das wir je erlebt haben. Uns erschien es, als ob sich das Haus hebt und senkt", beschreibt er die Stärke der Schwinggeschwindigkeit, mit der die Häuser von Eidenborn durchgerüttelt wurden. 21,7 Millimeter pro Sekunde hielten Seismographen der DSK für den Lebacher Stadtteil fest, für Falscheid 14, 1 Millimeter pro Sekunde, für Landsweiler 11, 0. ,,Es wird höchste Zeit, dass Ministerpräsident Peter Müller mit dem Bergamt das alte Bergrecht überarbeitet", meint er. ,,Muss erst etwas noch Schlimmes passieren, bis man diesen Terror stoppt?"
In die gleiche Kerbe schlägt Ortsvorsteher Paul Brück aus Knorscheid. ,,Mein Seismograph hat 14 Ausschläge hin, elf zurück und sechs nach oben aufgezeigt." Zudem habe das Beben extrem lange gedauert. ,,Die Leute sind gar nicht mehr zur Ruhe gekommen, die ganze Nacht hindurch erhielt ich wütende Anrufe – Hilferufe von Betroffenen, die diesem Inferno hilflos gegenüberstehen." Für Brück steht fest: ,,Das lassen wir uns nicht länger bieten." 123 Erdbeben habe man in diesem Jahr gezählt. Es sei eine Unverfrorenheit, wie die DSK mit den Menschen umspringen würde. ,,Und wenn die Leute ihre Ängste äußern, werden sie noch in der DSK-Zeitschrift ,Durchblick‘ als Psychopathen hingestellt." ,,Sie sollen den ,Durchblick‘ einstellen", so Walter Krämer aus Falscheid. Für den Mann, der gegen die DSK vor Gericht zog, gibt es nur eine Alternative: Schluss mit dem Bergbau. ,,Die machen das doch nur wegen der Subventionen und der Arbeitsplätze." Und weiter: ,,Saarberg hat uns 20 Jahre lang verdummt, jetzt versuchen es die Nachfolger." Seit Wochen warte er auf den Prozess mit dem Kohle-Unternehmen. Der werde ständig verschoben. ,,Wahrscheinlich warten die Richter auf das Gutachten der Landesregierung, das seit Monaten versprochen wird." Auf die Expertise, das Sroka-Gutachten, setze auch die Deutsche Steinkohle AG ihre Hoffnung. Vielleicht biete es einen Anhaltspunkte, wie die Erschütterungen künftig zu vermeiden seien, sagt Pressesprecher Karl-Heinz Pohmer. Bisher sehe man keine Möglichkeit, ,,es sei denn, wir schließen die Gruben. Das hätte schlimmere Folgen für die Menschen." ,,Stoppt den Abbau unter bewohntem Gebiet", war indessen eine Forderung, die IGAB-Sprecher Gerhard Ziegler bei der spontanen Demonstration wiederholte.
Kurz vor Mitternacht zogen die Falscheider mit Eidenbornern und Betroffenen aus anderen Lebacher Stadtteilen mit Fackeln zur Polizeiinspektion. Ihr Verlangen: ein Gespräch mit Bürgermeister Nikolaus Jung. Er sprach von seiner Machtlosigkeit und der des Stadtrates in dieser Sache. Gestern führte der Verwaltungschef, so verlautete aus dem Rathaus, mit Vertretern der saarländischen Landesregierung Gespräche. Eine Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung will er in den nächsten Tagen abgeben. ,,Ich warte nur noch darauf, dass das Dach runterfällt. Wenn das so weitergeht, passiert das auch noch", beschwert sich derweil die Lebacherin Katharina Belau. ,,Zunächst sagt man immer wieder, wir brauchten uns keine Sorgen zu machen, und dann behauptet man noch, das Ganze habe sich in Belgien abgespielt." Der Reisbacher Ortsvorsteher Alfred Bettscheider ergänzt: ,,Wir fordern den Abbau-Stopp über bewohntem Gebiet." In dem Saarwellinger Ortsteil wurde eine Schwinggeschwindigkeit von 3,5 mm/sec gemessen, auf der Hilgenbacher Höhe 2,8. Noch größere Angst befalle ihn, wenn er daran denke, dass der Abbau bald unter Reisbach stattfinde. Dann, so befürchtet er, noch größere Schäden. Einige Bewohner hätten bereits ein Anschreiben erhalten. Der Inhalt: Man befürchte an ihren Häusern Totalschäden durch den geplanten Kohleabbau. ,,Wir wollen aber leben, nicht beben", meint Bettscheider.