Antrag für die 57. Plenarsitzung am 10. September 2008
http://www.landtag-saar.de/de/dokumente/Ag2049.pdf
Landtag des Saarlandes
Drucksache
13. Wahlperiode
ANTRAG
der FDP-Landtagsfraktion
betr.: Genehmigungsverfahren für Flöz Wahlschied neu aufrollen – Sozialverträglich-
keit für Bergleute und Bergbaubetroffene herstellen
Der Landtag wolle beschließen:
Mit dem Beben vom 23. Februar 2008 hat für den saarländischen Steinkohlebergbau
eine neue Zeitrechnung begonnen. Die Menschen in der Bergbauregion sind an die-
sem Tag nur um Haaresbreite einer Katastrophe entgangen. Folgerichtig hat daraufhin
der Landtag des Saarlandes eine Resolution beschlossen, die klar und unmissver-
ständlich zum Ausdruck bringt, dass es keinen Abbau geben darf, der Gesundheit und
Leben gefährdet. Künftige Abbauvorhaben der Deutschen Steinkohle AG (DSK) müs-
sen gerade vor diesem Hintergrund dem Tenor der Resolution genügen und zusätzlich
möglichst transparent und neutral ausgestaltet werden.
Dazu gehört vor allem, dass die DSK zweifelsfrei die Ursachen für das starke Beben
am 23. Februar benennt. Nur so können bei weiterem Abbau genau diese Ursachen
durch geeignete Gegenmaßnahmen vermieden werden. Andernfalls würde ein Abbau
die betreffende Region zu einem Experimentierfeld machen, was eine unverantwortli-
che Gefährdung von Leib und Leben zur Folge hätte. Ein solches Vorgehen hat Minis-
terpräsident Peter Müller abgelehnt.
Diese Maßnahme alleine genügt allerdings nicht, um dem Anspruch eines transparen-
ten und fairen Genehmigungsverfahrens Rechnung zu tragen. Dazu gehört auch, dass
die DSK und die Bergbehörden sämtliche Informationen zur Verfügung stellen, die im
Einspruchsverfahren von Relevanz sind. Ferner sind, wie von der CDU-geführten Lan-
desregierung versprochen, externe Gutachten von unabhängigen Experten einzuholen,
um einer weiteren Eskalation des Bergbaukonfliktes entgegenzuwirken. Letztlich kann
nur bei diesem Vorgehen Sozialverträglichkeit sowohl für die Bergleute als auch für die
Bergbaubetroffenen sichergestellt werden.
Der Landtag des Saarlandes begrüßt deshalb die Absicht der Landesregierung:
• Steinkohlebergbau nicht mehr zu genehmigen, wenn eine Gefahr für Leib und Le-
ben besteht,
• das Genehmigungsverfahren zum Abbau von Wahlschied-West fair und transpa-
rent zu gestalten und
• zur Beurteilung der Auswirkungen des geplanten Abbaus in Wahlschied-West un-
abhängige externe Gutachter zu beauftragen.
Leider weist das aktuelle Genehmigungsverfahren zum Abbau von Wahlschied-West in
Bezug auf die Resolution erhebliche Diskrepanzen auf. So ist nach wie vor die genaue
Ursache für das starke Beben unklar. Eine detaillierte Ursachenbeschreibung ist die
DSK nach wie vor schuldig geblieben. Demzufolge können solche Ereignisse auch in
Zukunft nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Eine Gefahr für Leib und Leben
besteht deshalb bei jedem Abbauvorhaben unverändert fort. Eine Genehmigung von
Wahlschied-West würde also der Resolution des Landtages eindeutig widersprechen.
Auch die gemachten Zusagen der Landesregierung wurden bis heute nicht eingehal-
ten. So werden trotz eines rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saar-
landes den Bergbaubetroffenen notwendige Informationen für das Einspruchsverfahren
vorenthalten, ohne dass dadurch die Frist für das Genehmigungsverfahren unterbro-
chen wird. Ebenso wurden keine unabhängigen Gutachter mit der Beurteilung der
Auswirkungen des Abbaus des Flözes Wahlschied- West beauftragt. Dieses Vorgehen
der Landesregierung ist äußerst bedenklich und in keiner Weise dazu geeignet, die
verhärteten Fronten zwischen Bergleuten und Bergbaubetroffenen aufzubrechen.
Mit einer finanziellen Kraftanstrengung ist es den Bergbaubetroffenen gelungen, ein
unabhängiges Gutachten von Prof. Dr. Walter Frenz einzuholen, der auch für die Lan-
desregierung bereits Gutachten erstellt hat. In der Expertise kommt Professor Frenz zu
dem Urteil, dass der Abbau unter Reisbach wegen der bislang nicht auszuschließen-
den Gefahr für Leib und Leben und eines hinreichend wahrscheinlichen Gemeinscha-
dens nicht genehmigungsfähig ist. Weiter heißt es, dass im Falle einer Genehmigung
durch die Bergbehörde der merkantile Minderwert vollumfänglich erstattet werden
muss.
Der Landtag fordert die Landesregierung deshalb dazu auf:
• die Genehmigung weiterer Abbauvorhaben von der eindeutigen Ursachenklärung
des starken Bebens vom 23. Februar abhängig zu machen, um dadurch zweifels-
frei eine Gefährdung von Leib und Leben auszuschließen,
• den Bergbaubetroffenen zeitnah sämtliche angeforderten Daten in digitaler Form
zur Verfügung zu stellen, um eine schnelle Bearbeitung zu gewährleisten,
• die Fristen für das Genehmigungsverfahren so lange zu unterbrechen, bis die an-
geforderten Daten den Bergbaubetroffenen zur Verfügung gestellt wurden und von
den Gutachtern der Gemeinde Saarwellingen ausgewertet werden konnten,
• bei dem nach der Unterbrechung neu anlaufenden Genehmigungsverfahren für
den Abbau unter Reisbach das Gutachten von Prof. Dr. Walter Frenz vom 11. Au-
gust 2008 angemessen zu berücksichtigen.