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von Werner Lehnert » Fr, 10.04.2009 11:54
Die Ostseepipeline sorgt für Grundlast
Die Dillinger Hütte vertraut auf ihre Nischenstrategie. Sie hat viel Grund dazu. Denn sie meldet einen Rekordgewinn.
tag. DILLINGEN, 7. April. Der saarländische Stahlhersteller Dillinger Hütte vertraut in der Krise auf seine Nischenstrategie. Durch die Ausrichtung als Premiumanbieter für hochwertige Grobbleche sei der Konzern gut positioniert, um durch eine schwierige Zeit zu kommen, sagte Vorstandschef Paul Belche am Stammsitz in Dillingen. "Unsere Strategie ist auf Krisenzeiten ausgelegt, und das wird sich jetzt beweisen." 2009 werde ein Jahr der schwierigeren Kategorie, "aber im Gegensatz zu anderen haben wir das Jahr noch nicht aufgegeben." Im Unterschied zu den übrigen Stahlherstellern in Europa habe die Dillinger Hütte auch im Schlussquartal und im ersten Quartal "voll durchproduziert". Die ersten drei Monate 2009 seien von guter Beschäftigung und guter Auslastung geprägt gewesen. Die Folge der Wirtschaftskrise würde aber auch vom zweiten Quartal an zu spüren sein, so dass auf Jahressicht mit deutlichen Rückgängen bei Auftragseingang, Kapazitätsauslastung und Umsatz zu rechnen sei. Die Dillinger Hütte werde dennoch profitabel bleiben, sagte Belche. Der Konzern wollte zwar Kurzarbeit nicht ausschließen, von einem Stellenabbau war aber nicht die Rede. Belche kündigte vielmehr an, die Krise zu nutzen, um lange erforderliche Wartungsarbeiten in der Produktion durchzuführen. Im Vorjahr hat das Unternehmen den Umsatz um 14 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro ausgebaut und damit erstmals die 3-Milliarden-Euro-Hürde genommen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg auf Rekordhöhe 890 (Vorjahr 731) Millionen Euro. Damit kommt der investitionsintensive Saarländische Stahlkocher auf eine Umsatzrendite von fast 27 Prozent. Das Unternehmen steht damit für fast 12 Prozent des gesamten gewerblichen Umsatzes im Saarland. Die Dillinger Hütte ist spezialisiert auf den hochrentablen Markt mit Grobblechen. "Damit haben wir uns aus dem Massengeschäft und der Spekulation herausgehalten", sagte Belche. Die Bleche finden beim Bau von Brücken, Talsperren und komplexen Bauwerken ihre Anwendung – etwa im Stuttgarter Porsche-Museum oder der Allianz-Arena in München. Sie sind Teil von Bohrinseln, von Schiffen und von Offshore-Windparks. Die Spezialisierung und der Fokus auf Großprojekte lasse hohe Margen auch in der Krise zu. "Unsere Kunden sind reich", sagte Belche. Für Konkurrenten sei die Einstiegshürde in den komplexen Nischenmarkt hoch. Die gemeinsam mit Salzgitter gehaltene Tochtergesellschaft Europipe ist überdies im lukrativen Großröhrengeschäft aktiv. Zusammen mit der russischen OMK liefert Europipe das Gros der Röhren für die 1200 Kilometer lange Nord Stream Gaspipeline durch die Ostee. Alleine dieser Auftrag sorge für 15 Prozent Grundlast in diesem Jahr, sagte Produktionsvorstand Norbert Bannenberg. Belche zeigte sich überzeugt, dass auch der Bau einer zweiten Röhre zustande kommt.
Im Dezember hatte der Stahlriese Arcelor-Mittal seinen Anteil an der Dillinger Hütte von knapp über 50 Prozent auf knapp über 30 Prozent abgebaut; die Anteile wanderten etwa zu gleichen Teilen in die Stiftung und in die AG. Damit wachsen die Spekulationen über ein Zusammenrücken mit der aus der Insolvenz geholten Saarstahl AG, die ebenfalls von der "Montan-Stiftung-Saar" kontrolliert wird. Belche wollte die Spekulationen nicht kommentieren, aber einige Fakten sprechen dafür: Zwei Vorstände sind bereits heute in Personalunion in Dillingen und bei Saarstahl tätig, und beide Unternehmen produzieren bereits gemeinsam Roheisen.