Sehr geehrter Herr Minister Rippel!
Sie werden sich vielleicht wundern, warum man Ihnen mitten in der Nacht eine Mail schickt, aber bei mir, wie auch bei so vielen anderen Bergbaubetroffenen, ist es leider mittlerweile zur Gewohnheit geworden, dass man nachts oft nicht mehr schlafen kann. Deshalb nicht schlafen kann, weil man von den vor Angst weinenden Kindern geweckt wird oder weil man von selbst aufwacht, weil man glaubt, ein Beben verspürt zu haben, nur weil sich der Ehepartner im Bett umdreht oder weil man wach wird, weil es mal wieder gerade kräftig gebebt hat. Und wie sollte man da noch mal einschlafen können? Durch die gestern geschehenen Ereignisse bin ich jetzt mal wieder so aufgedreht, dass ich nach kurzem Aufwachen nicht wieder einschlafen kann. Ich war gestern Abend mit meinen beiden Kindern in Bilsdorf bei der Montagsdemonstration der Bergbaubetroffenen. Um 18:27 Uhr ereignete sich dann ein schweres, bergbaubedingtes Erdbeben. Ich selbst, wie auch die meisten Menschen um mich herum, bemerkte draußen auf der Straße das Beben. Unmittelbar nach dem Beben strömten die Menschen ein paar Häuser weiter zusammen, ich bin dann auch dort hin gegangen, um zu erfahren was los sei.
Durch das Beben wurde ein Dachziegel vom Dach eines Wohnhauses gelöst und fiel einer Frau, die glücklicherweise wegen des Regens einen Schirm aufgespannt hatte auf den Kopf. Den Rest kennen Sie sicherlich aus den Nachrichten. Was Sie nicht wissen: der Hausbesitzer, von dessen Haus der Ziegel fiel, erzählte später, dass er bei der Montagsdemo vor einer Woche, mit seinen beiden Kindern genau an der gleichen Stelle gestanden hätte, ohne Schirm.
Wir alle stehen ziemlich oft mit unseren Kindern vor unseren Häusern. Ich frage mich, wie lange werden wir da noch stehen, bis wir die Nase so voll von diesem Land haben und vor lauter Verzweiflung von hier wegziehen.
Bei einer der vergangenen Demos in Saarwellingen, wurde ich von einem Reporter der Bildzeitung interviewt.Sein Fotograf machte ein Bild von mir mit meinem Schild (Sie werden das Foto vielleicht kennen, es war auf der gleichen Seite wie Ihres mit erhobenem Zeigefinger abgedruckt) , dann stellte er mir einige Fragen, unter anderem, ob ich mir von Ihrem Vorstoß etwas versprechen würde. Darauf habe ich geantwortet, dass ich eigentlich meinen Glauben an die Politik verloren hätte, man solle jedoch die Hoffnung nie aufgeben, die stirbt zuletzt. In der Bildzeitung las man dann unter meinem Bild: ich setze Hoffnung in Rippels Vorstoß. Ich hatte das eigentlich nicht so gesagt; was ich gesagt hatte war, dass es lange gedauert hat, bis ich vom Bergbaubetroffenen zum Bergbaugegner wurde und die DSK mich dazu gemacht hätte, das wurde dann auch so gedruckt.
Hätte ich meine Hoffnung schon ganz aufgegeben, würde ich Ihnen nicht mitten in der Nacht eine solche Mail schreiben!
Ich appelliere hiermit an Ihr Gewissen und an Ihre Verantwortung für die Menschen in unserer Region. Nach dem was gestern hier passiert ist, kann es doch nur eine Aufforderung an das Bergamt geben: sofortiger Abbaustopp ohne wenn und aber.
Den folgenden Text habe ich gestern Abend in meiner Verzweiflung und ohnmächtigen Wut ins Forum der IGAB-Saar gestellt, diese Fragen könnte ich auch Ihnen stellen Herr Rippel .
"MP Müller, Sie tragen die Verantwortung für diesen Wahnsinn!
Herr Müller , worauf warten Sie noch?
Warten Sie vielleicht darauf, dass jemand von einem Ziegel erschlagen wird?
Warten Sie vielleicht darauf, dass Angehörige und Freunde des getöteten Menschen dann vor den Türen anderer Menschen (die sie für schuldig und verantwortlich für die Tötung halten) mit Ziegelsteinen auf diese warten?
Warten Sie darauf, dass Sie mit Ihrer Verantwortung für eine solche Tötung alle Konsequenzen tragen müssen?
Herr Müller, warten Sie nicht zu lange, schon bald wird der Tag kommen, an dem Sie sich für den ersten Bebentoten verantworten müssen!
Da Sie der C-Partei angehören, haben Sie vielleicht etwas mit Gott am Hut. Seien Sie sich sicher, unser Herrgott wird Sie ganz gewiss nicht für Ihre unerträgliche Ignoranz belohnen!"
Bei einem der letzten Beben war es ein Schrank der umgefallen war, diesmal hat ein herabstürzender Dachziegel eine Frau verletzt. Ich habe in Saarwellingen bei einer Demo am Mikrophon gesagt, wenn eines meiner beiden Kinder unter einem umgestürzten Schrank liegt, könne ich für nichts mehr garantieren, ich würde wohl durchdrehen. Das soll jetzt gewiss keine Drohung sein, aber überlegen Sie einmal was in einem Menschen vorgehe würde, wenn er einen Angehörigen gar sein Kind bei einem dieser uns immer kränker machenden Erdbeben verlieren würde. Die Menschen hier wollen nicht mehr nach einem Beben weinend auf die Straße rennen, schon gar nicht weil sie ein totes Kind zu beklagen haben!
Auch unsere Kinder wollen nicht mehr zum CDU-Landesparteiteg mit einem Schild ( auf dem steht: Mit Angst im Kopf kann ich nicht lernen. Meine Zukunft....) auf der Brust kommen! Unsere Kinder wollen keine Mathearbeit nach einer durchwachten Bebennacht schreiben. Unsere Kinder haben ein Recht darauf, sich ihre Zukunft nicht durch verbockte Schulnoten verderben zu lassen! Unsere Kinder wollen einfach nur ganz normale Kinder sein, mit einer ihnen offen stehenden Zukunft!
Mit freundlichen, hoffnungsvollen Grüßen
Habe folgende Mail an Minister Rippel geschickt
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Re: Habe folgende Mail an Minister Rippel geschickt
Alle, die in meinem Bekanntenkreis deinen offenen Brief gelesen haben, konnten es nicht nur Wort für Wort nachvollziehen - nein, mehr noch: sie haben es bereits mehr oder weniger schon an eigenem Leib verspürt. Leider ist die Lobby des Geldes in der Politik offensichtlich größer, wie wir der aktuellen Fehlentscheidung vernehmen konnten.
Hier wird Macht eines unmenschlichen Gesetzes schlicht und ergreifend Gemeinnutz gegen Gemeinschaden gestellt - und wir gehören dummerweise zu den Gemeingeschädigten.
Schätze, ich werde mein Motto wohl umstellen bzw. erweitern müssen: "... und gekotzt wird erst im Ziel!"
Hier wird Macht eines unmenschlichen Gesetzes schlicht und ergreifend Gemeinnutz gegen Gemeinschaden gestellt - und wir gehören dummerweise zu den Gemeingeschädigten.

Schätze, ich werde mein Motto wohl umstellen bzw. erweitern müssen: "... und gekotzt wird erst im Ziel!"