SZ: DONNERSTAG, 2 . DEZEMBER 2 0 1 0
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"Ich würde mich an jeden Fördertum ketten"
Wie erhält man die Geschichte der Kohle? Diskussion in Reden
Nur anderthalb Jahre noch,
dann ist es mit dem Bergbau
im Saarland vorbei. Wie man
aber mit dem kulturellen Erbe
dieser Industrie umgeht, ist
noch weithin offen. Eine Diskussion
in Reden sollte nun
Anstoß sein, das Thema
gründlich anzugehen.
Von SZ-Redakteur
Oliver Schwambach
Reden. "hört auf!": Die Antwort
auf Delf Slottas Begrüßung
im Redener Lampensaal
kam prompt. Und dutzendfach.
"Gück auf!" aus rauen
Kehlen. Noch funktioniert das
– wie es im Saarland lange
selbstverständlich war, bald
aber schon Geschichte sein
wird. Ende Juni 2012 soll die
letzte Kohle hier gefördert
sein. Der Ausstieg aus dem
Bergbau ist besiegelt. "Was
aber bleibt dann von der Kohle?",
wollte die Friedrich-
Ebert-Stiftung nun wissen –
und lud zur Podiumsdiskussion
auf die alte Grube Reden.
Knapp 200 kamen am Dienstagabend
in den Lampensaal
des Zechenhauses, frühere
Bergleute darunter, auch noch
aktive. Schon das eine Aussage:
Die Bergbau-Geschichte des
Landes berührt viele.
Slotta, seit Jahren unermüdlicher
Industriekulturbewahrer,
das als Manager im Redener
Zechenhaus mittlerweile
auch im Hauptberuf, zielte mit
seinen vier Mitdiskutanten auf
eine grundsätzliche, leider bisweilen
auch mäandernde Debatte.
Manches, was da gesagt
wurde, etwa, dass "ohne den
Bergbau das Saarland nicht
vorstellbar ist", so Ex-Ministerpräsident
Reinhard Klimmt
(SPD), blieb nahe am Gemeinplatz.
Andererseits: Vielleicht
muss eben dieses scheinbar so
Selbstverständliche laut gesagt
werden. Wo viele Grundschüler
schon nicht mehr wissen,
wie ein Stück Kohle aussieht.
Also, bereits fünf nach (zweitausend-)
zwölf für die Aufarbeitung
dieses wichtigen Kapitels
Industriekultur? Fast unmöglich
sei es, die Arbeitskluft
von Bergleuten aus dem 19.
Jahrhundert zu bekommen,
erklärte Gerhard Ames, Direktor
des Historischen Museums
Saar beispielhaft Sammlungsnöte.
Die schicke Bergmannsuniform,
ja die bewahrten viele
auf, die alltägliche Kleidung,
die Spuren der schweren Arbeit
zeigte, schmiss man weg.
Selbst für den vielfach formulierten
Wunsch, das Ende des
Bergbaus 2012 mit einer großen
Ausstellung zur Technikaber
auch Sozial- und Alltagsgeschichte
zu begleiten, werde
es knapp, meinte Ames: "In
Museumszeitplänen gedacht,
ist es dafür fast schon zu spät".
Auch SPD-Chef Heiko Maas´
Kritik setzte da an. Es gebe
kaum grundsätzliche Überlegungen
in der Landespolitik,
wie man sich des Bergbaus und
der Menschen, die von und mit
ihm lebten, erinnern will. "Ich
sehe nicht, dass das bei den
derzeit Regierenden ein Thema
ist", sagte Maas. Da gelte es
zunächst Vorschläge zu entwickeln
und dann zu überlegen,
wie es finanzierbar ist. "Es ist
eine politische Frage, wofür
man Geld ausgibt", so der
SPD-Chef. Leider fehlte da in
Reden der Gegenpart von Seiten
der Landesregierung.
Was nun von der Technik erhaltenswert
ist und manches,
wie Rudolf Krumm von der
RAG Montan Immobilien ausführte,
ja bereits saniert ist,
auch darüber wird nach wie
vor debattiert. "Ich würde
mich am liebsten an jeden Förderturm
ketten", rief Klimmt
unter Beifall aus. Schon, weil
es Landmarken seien, die Heimat
vermittelten. Ames hingegen
warnte auch vor allzu vielen
"stummen" Technikzeugnissen:
"Man muss die Denkmäler
auch zum Sprechen
bringen." Will heißen, etwa die
Erinnerungen der Bergleute
notieren, aufzeichnen, festhalten.
Auch stellten sich die Fragen,
was etwa vom hohen Anspruch
des Ganser-Gutachtens,
einst als industriekulturelle
Leitline gedacht, bleibt?
Und was die Industrie Kultur
Saar (IKS) tatsächlich auf der
Haben-Seite verbuchen kann?
Viele offene Fragen also am
Ende einer intensiven Diskussion.
Die eines aber deutlich
machte: Es ist höchste Zeit,
sich über die Geschichte der
Kohle Gedanken zu machen.
ps: reicht es nicht ? braucht man das wirklich?
an unsere häusern sieht doch jeder das hier kohle abgebaut wurde, und das noch nach jahrzehnten......
und wenn ich dann so etwas lese...
"Ich würde mich an jeden Fördertum ketten"
ich würde alles zuketten, dann ist ruhe
