Betrifft: Die Schuld der Behörden in der Kohlepolitik

Außer den Politikern tragen die Behörden einen großen Anteil Schuld an der Fehlentwicklung des Subventionsbergbaues. Die ihnen obliegende Abwägung der Interessen von Bergbaunutznießern und Bergbaubetroffenen offenbart bedenkliche ‚Schieflage‘.

Wenn in der Einwirkungszone des Bergwerks Saar neuerdings Menschen und Gebäude von Erdbeben heimgesucht werden, weckt das die Erinnerung an Hunderte von Erdbeben des letzten Abbaues, wie sie an Häufigkeit und Schadwirkung im deutschen Steinkohlebergbau erstmalig auftraten. Diese in der Amtssprache „bergbaubedingte Erschütterungen“ genannten Nahbeben werden von deutschen und französischen Messstationen aufgezeichnet und erreichten damals eine Stärke von über 3 auf der Richter-Skala mit maimalen Schwingungen von 22 mm pro Sekunde. Als ‚genehmigte‘, seit Jahren bekannte Abbaufolgen gehen sie letztlich zu Lasten der Regierung. Diese lässt der so genannten Berghoheitsverwaltung mit -zig Beamten und einem veritablen Berghauptmann an der Spitze einen schier unbegrenzten Spielraum in der Anwendung des Bergrechts, dem selbst Richter in manchen Teilen verfassungsrechtliche Ungereimtheiten attestieren.

Der traditionelle Saarbergbau konnte sich schon immer der Protektion durch die Montan-Politik und staatlicher Unterstützung erfreuen. Lafontaine sprach beim Verkauf der Saarbergwerke von saarländischen Zuschüssen über 1,4 Milliarden DM, die dann von den Kohlehilfen des Bundes abgelöst wurden. Unternehmens-Manager kennen die Methoden, wie man Politiker in die Zange nimmt. Selbst bei eigener mangelhafter Vorausplanung z.B. rechtzeitige Anlage von Ausweichstreben oder Absinkweihern ergreift man die Arbeitsplatzkeule, die ihre Drohwirkung auf die Politiker nicht verfehlt.

Kann es da verwundern, dass die Bergbauaufsicht konsequent die mögliche Anerkennung von Gemeinschäden durch Erdbeben, Versumpfung oder Zerstörung der kommunalen Struktur verhindert? Immer wieder seit 12 Jahren beschneidet die restriktive Verwaltungspraxis der Genehmigungsbehörde durch den ‚Sofortvollzug‘ die Rechtsposition der Bergbaugeschädigten, da in den normalen Verlauf des Rechtsmittelweges eingegriffen wird.

Schon die aus dem Bundesberggesetz resultierende Regulierung von Bergschäden stellt für den Geschädigten eine rechtliche Perversion dar. Denn beim Bergbau bestimmt der Schädiger (!), ob und wie wenig er als Ersatz für Bergschäden leistet. Und das für Schäden, die das subventionierte Unternehmen zu großen Teilen auf Staatskosten angerichtet hat.

Ein Blick auf den Bergbau am Niederrhein zeigt, dass ganze Landschaften von Pumpwerken abhängig sind, solange dort Menschen leben. An solche Ewigkeitskosten denkt die Deutsche Steinkohle AG (DSK) nicht. Sie begnügt sich mit den üblichen betriebswirtschaftlichen Rückstellungen, wie ihr Chef Tönjes im Landtag von NRW darlegte.

Hauptsache für die DSK: Der Staat zahlt schon mal bis 2012 Milliarden Euro Kohlesubventionen, wie es der Bundeskanzler durchgesetzt hat. Außer dem Bund und NRW soll nun auch das arme Saarland sich an diesen Betriebsbeihilfen beteiligen. Bis jetzt zahlen die drei gemeinsam das Anpassungsgeld als (steuerfreien) Einkommensausgleich über fünf Jahre für die Frührentner des Bergbaus ab 50! Im Saarland belastet das APG bei derzeitiger Regelung vermutlich bis 2017 den Landeshaushalt mit rund 9 Millionen Euro pro Jahr. Das ist gerade der Betrag, um den der jährliche Uni-Zuschuss gekürzt wurde.

Ziemlich anmaßend rechtfertigt die Kohle-Lobby die Subventionierung der Kohleförderung – mittlerweile ca. 100 Euro pro Tonne – mit der Energiesicherung, was bei einem Anteil von nur wenigen Prozent an der Energieerzeugung geradezu lächerlich ist.

Und obendrein schiebt der DSK-Chefmarkscheider (wie in der ZEIT 34/2004 nachzulesen) der Genehmigungsbehörde die Verantwortung für den Kohle-Abbau unter gefährdeten Gebieten ( speziell unter den Deichen ) zu: Denn die Behörde habe ihn schließlich genehmigt; andernfalls “ würden wir da keinen Abbau betreiben“.

>Die Bergbehörden sollten statt Vergangenheitsindustrie lieber das Bürgerwohl zum Ziel ihres Handelns machen.<

Peter Haberer, Lebach/Saar