Die Kohlengräber der Nation

Mit dem Ausscheiden von Friedrich Merz aus dem CDU/CSU-Fraktionsvorstand erinnert man sich an die eingeschlafenenDebatten über die Subventionskürzungen. Über „Kohlehilfen“ brauchen die Volksvertreter nicht mehr zu streiten; denn der Kanzler hat alles im Sinne der Kohle-Lobby geregelt: ab 2006 gibt es aus dem Steuertopf über 16 Milliarden Euro bis zum Jahr 2012. BASTA !

Dass schon sein Minister Eichel im Finanzplan 2000-2004 festgestellt hatte, dass die Kohlesubventionierung angesichts der Finanzlage der öffentlichen Hand nicht mehr tragbar und auch nicht mit Energiesicherung zu begründen sei, ist dem Kanzler schnuppe. Hauptsache: Die von der SPD gehätschelten Wähler bleiben bei der Stange. Was kümmert die Schröder, Clement, Steinbrück und Schmoldt die ungerechte Behandlung der ’normalen‘ Arbeitnehmer oder Arbeitslosen? Sollen sie doch zusehen, wie sie ähnliche Privilegien bekommen wie die Bergbau-Beschäftigten, z.B. höhere Knappschaftsrenten (mit hohem Staatszuschuß), Kündigungsschutz, steuerfreies Anpassunggeld für Frührentner ab 50.Lebensjahr, Verschonung von HARTZ- IV , Bergmannsprämie (seit 1956 ,Deputate usw.

Die Kohle-Manager genießen mit ihren Gehältern, Vorstandsposten und Aufsichtsratsbezügen die Sonnenseite der politisch geförderten Unternehmen. Die derzeitige Kokskrise offenbart mit ihren wirtschaftlichen Schäden aus der Schließung von 28 Kokereien das Versagen auf der Management-Ebene bei Stahl, Koks und Kohle. Dass die Kohle-Bosse nicht wirtschaften können mit dem vielen Geld, illustrierte im Vorjahr die Forderung der externen McKinsey-Berater an die DSK, bis 2005 „innerbetrieblich 1,5 Milliarden Euro einzusparen“.

Von 1970-2005 hat der Staat rund 120 Milliarden Euro Steuergelder in die absolut unrentable Steinkohleförderung „investiert“. Einschließlich der 16 Milliarden Euro aus Schröders Zauberhut wird der deutsche Steinkohle-Bergbau bis 2012 über 136 Milliarden Euro an direkten Subventionen verschlungen haben. Dass die durchweg unbefriedigende Schadensregulierung der Akzeptanz der Steinkohle schadet, steht ausser Zweifel. Auch die rechtliche Position der Bergbau-Geschädigten hätte in vielen Punkten schon längst durch eine Novellierung des Bergrechts verbessert werden müssen.

Im politischen Bereich haben sich die Parteien zum Thema Subventionsbergbau nur wenig bewegt. Das reicht von der verbalen Vorgabe eines Auslaufbergbaus – allerdings mit open end – bis zu steigender Ablehnung in den Revierländern. Doch was ist z.B. aus der Position der CSU vor dem Kohlekompromiß von 1997 geworden? Sie trug in der konservativen Regierung aus Union und FDP dazu bei, die Kohlesubventionen bis 2005 auf die Hälfte abzuschmelzen, weil “ finanziell auf Dauer nicht verkraftbar und anderen Branchen gegenüber nicht vertretbar „.Zudem würde die fortlaufende Subventionierung des Steinkohlebergbaus „den notwendigen Strukturwandel im Ruhrgebiet und im Saarland unnötig verzögern und verhindern“.

Heute müsste sich die CSU (wie Teile der CDU ) neu positionieren, denn die Erkenntnis gab es schon damals, dass der Bergbau „nicht lebensfähig “ ist. Seit den sechziger Jahren hat sich der Subventionsbergbau zur größten ABM-Maßnahme in Deutschland entwickelt. Gegen die Sonderförderung spezieller Regionen und sozialer Gruppen mit Hilfe der Kohlesubventionen (auf jährlich 70 000 Euro pro Arbeitsplatz berechnet) wendet sich die EU-Kommission; sie will einen mit sozialen Maßnahmen flankierten Rückbau der Steinkohleförderung bis zum Jahr 2010.

Was durch einen Strukturwandel z.B. in Frankreich in einem 10-Jahres-Zeitraum gelungen ist, hat allerdings in Deutschland geringere Chancen wegen der massiven politischen Protektion des Steinkohle-Bergbaus auf Kosten gesunder und zukunftsträchtiger Wirtschaftsbereiche.

Peter Haberer, Lebach/Saar

Verweise:
www.cducsu.bundestag.de/old271098/kohle.htm ; Bericht der EU-Komm.;
www.gruene.landtag.nrw.de/aktuell/reden02/79.htm