Allgemeinheit soll zukünftig Verantwortung für Steinkohle tragen

Um seine Chemie- und Stromsparte an die Börse bringen zu können, will sich die RAG von den Steinkohlelasten befreien.

„Es ist ja schön, wenn auf diese Weise endlich die Diskussion um die wahren Kosten der Steinkohle beginnt. Bisher fehlt aber jede Bilanzierung dieser Kosten von unabhängiger Seite. Diese Kosten müssen erst auf den Tisch, bevor die Energiewirtschaft hier freikaufen kann.“, kommentiert Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) den Plan der Ruhrkohle-AG (RAG), sich mit einer Fünfmilliarden-Euro-Zahlung aller Folgelasten des Bergbaus zu entledigen.

Das Konzept von RAG-Vorstandsvorsitzendem Werner Müller sieht vor, dass die Eigentümer ihre Anteile zu einem symbolischen Preis von einem Euro je Aktie an ein Bankenkonsortium verkauft wird. Durch den Verkauf des Konzernteiles an der Börse, welcher nicht in das Bergbaugeschäft eingebunden ist, soll ein Sonderfonds gebildet werden, den das Bundeswirtschaftsministerium verwaltet. Hieraus soll die öffentliche Hand alle weiteren Steinkohlelasten, wie z.B. Bergschäden, Kosten für Zechenschließungen und die Rente für mehr als 300.000 frühere Bergleute tragen.

Lackmann: „Die Ruhrkohle-AG weiß sehr genau, dass die Folgekosten des Steinkohlebergbaus mit einem Fünfmilliarden-Fonds nicht zu decken sind. Daher war die Haftungsfrage auch immer der wirtschaftliche Hemmschuh des Unternehmens. Die tatsächlichen Folgekosten erreichen locker mehr ein Vielfaches.“

Zusätzliches Erschwernis für den Börsengang stellen die Steinkohlesubventionen dar. Nach Berechnungen des Ökoinstitutes Freiburg muss die RAG wegen des hohen Weltmarktpreises für Steinkohle allein für das Jahr 2004 etwa 500 Millionen Euro zurückzahlen. Nach Schätzungen des Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung (RWI) liegt die Höhe der Subventionsrückzahlung sogar bei einer Milliarde Euro.

Auslöser für diese Rückzahlungen ist die Art, wie die Subventionshöhe berechnet wird. Subventioniert wird die Differenz zwischen dem Weltmarktpreis und den um ein vielfaches höheren Förderkosten in Deutschland. Sobald der Abstand zwischen Förderkosten und Weltmarktpreis sinkt, verringert sich auch der Anspruch auf Subventionen. Da diese im Vorfeld als Abschlagszahlung überwiesen werden, stellt sich erst im Nachhinein heraus, ob zu viel Geld geflossen ist.

Grund genug die Argumentation der RAG in Zweifel zu ziehen. Es sei erkennbar, wie fadenscheinig die Argumente der Energiekonzerne im Konkurrenzkampf mit den Erneuerbaren Energien seien. Lackmann: „Fünf Milliarden Euro sind bei weitem nur der Anfang. Schon heute fließen jährlich neben den bekannten knapp drei Milliarden Subventionen beispielsweise etwa fünf Milliarden Euro Beihilfen in die Bergbaupensionskasse. Zur Kostenwahrheit in der Energiewirtschaft gehören auch die Schäden aus Tagebau und Kraftwerksemissionen. Da gehört schon eine gehörige Portion Dreistigkeit dazu, wenn die Energiekonzerne regelmäßig gerade die erneuerbaren Energieträger wegen vermeintlich hoher Kosten angreifen.“

Quellen:
Pressemitteilung des BEE-EV
Der Tagesspiegel: Altlasten könnten RAG-Börsengang erschweren
Die Zeit: RAG will Verantwortung für Steinkohle abgeben