Von Kohle-Lobby über den Tisch gezogen

Kostgänger der Nation

Mehrfach hat die CDU/CSU bei den Koalitionsverhandlungen gegenüber den Interessenvertretern der Steinkohle den kürzeren gezogen. Über die Mauscheleien berichtet DER SPIEGEL in Nr.49 unter dem Titel „Regieren im Hinterzimmer“ über die Ränke der Lobbyisten. Da sich die Unions-Generalsekretäre Pofalla und Sörger in trauter Einmütigkeit mit ihrem SPD-Kollegen zu den Kohlesubventionen bekennen, haben sie den CDU-Ministerpräsidenten Rütgers und Peter Müller einen Tritt versetzt.Gleichzeitig haben sie wieder einmal die marktwirtschaftlichen Prinzipien der Christdemokraten und die Subventionsgrundsätze des Bundestages über Bord geworfen.

Tatsächlich gelang es der Kohle-Lobby, den Koalitionsvertrag in ihrem Sinne umzukrempeln.Das Nachrichtenmagazin beschreibt, wie die „Zukunftsaussichten der Steinkohle mit jedem Treffen besser wurden:Bei der ersten Sitzung hatte eine Gruppe um den saarländischen Ministerpräsidenten noch barsch verlangt, sämtliche Subventionen möglichst rasch auf null zu fahren“.Jetzt besagt der Koalitionsvertrag, erst nach 2008 „müssen weitere Einsparungen geprüft werden“, ohne dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.

Neben der faktischen Festschreibung der jährlich 2,7 Milliarden Euro teuren Kohlesubventionierung gelang dem Chef des RAG-Konzerns ein weiterer Coup. was den Gang des Unternehmens zur Börse betrifft. Das geht wiederum nur mit staatlicher finanzieller Hilfe: der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen müssten alle Pensionsverpflichtungen und Altlasten – bis zu den Ewigkeitskosten – übernehmen. Am Ende der Mauschelei hieß es im Verhandlungsergebnis, der Börsengang der RAG „sei eine gute Möglichkeit“.

Das klappt aber nur, wenn die ewig defizitäre Deutsche Steinkohle AG (DSK) vorher aus dem RAG-Konzern ausgegliedert wird. Doch mit Hilfe alter Seilschaften aus den Stromkonzernen und dem Schröder-Kabinett könnte es RAG-Müller schon gelingen, die mit zig Milliarden Steuergeldern subventionierte Privatfirma DSK mit ihren immensen Folgekosten der Allgemeinheit aufzubürden. Bei alledem sind die Bergbau-Profiteure noch empört, wenn sie als „Kostgänger der Nation“ bezeichnet werden!

Auf der Suche nach Befürwortern des Subventionsbergbaus wird die Kohle-Lobby nicht nur bei linken Politikern sondern stets auch in kirchlichen Kreisen fündig.So gaben sich vor der Bundestagswahl zwei hohe Repräsentanten dazu her, vor zweitausend Funktionären der Kohle-Gewerkschaft – zum Teil mit bergbautechnischen Argumenten – das „Hohe Lied der Steinkohle-Zukunft “ zu singen. Mehr denn je werden die traditionellen Barabara-Feiern in NRW und an der Saar zu Events der Image-Werbung umfunktioniert.

Und wieso redet Bischof Genn Managern und Funktionären der DSK nach dem Mund? Im Sinne der Solidarität und Nächstenliebe sollte er diesen ins Gewissen reden, und nicht die allein für den Bergbau geltenden Sonderrechte verteidigen! Oder sind andere: Bergbaugeschädigte, Rentner oder Arbeitslose Menschen zweiten Grades? In dem vom Bergbau katastrophal zugerichteten Ort Fürstenhausen im Saarland zeigte er noch Mitgefühl mit den vom Bergbau geschundenen Menschen. Damals erkannte er immerhin, dass ihnen in der DSK eine „Großmacht“ gegenüberstehe. Jetzt geht er als Ruhrbischof auf Distanz zu den Betroffenen, obwohl diese die Mehrheit unter seinen Schäfchen ausmachen.

Ähnlich positionieren sich der Trierer Bischof Marx und sein Weihbischof Brahm. Sie reden von einer „Vermittlerrolle“ , wo sie sich doch im Sinne des Glaubens eindeutig auf die Seite der Schwachen stellen müssten. Doch das war – meistens – nicht die Stärke der Oberhirten in der katholischen Kirche.

Peter Haberer, Lebach/Saar