Blamagen an der Saar

Jeder blamiert sich, so gut er kann

Verantwortlich für die saarländische Bergbau-Aufsicht ist das Wirtschaftsministerium. In seinen nachgeordneten Ämtern tummeln sich Dutzende gut bezahlter Beamten, die sich häufig aus dem Bergbau rekrutierten. Von einer zeitgemäßen bürgernahen Verwaltung ist aber wenig zu spüren.

In Genehmigungsverfahren dominiert beim „Vergleich der Rechtsgüter“ zwischen Bergbau-Betroffenen und Kohlewirtschaft die Position der Deutschen Steinkohle AG (DSK). Trotz der in Rahmenbetriebsplänen auf Jahrzehnte angelegten Abbau-Genehmigungen gelingt es dem Unternehmen seit 15 Jahren vom Bergamt die verwaltungsrechtliche Ausnahme- Erlaubnis zum sog. Sofortvollzug, also zum sofortigen Kohleabbau zu erhalten. Mit einer einzigen Ausnahme billigte die Verwaltungsjustiz diese Praxis, die dem Bergbau-Geschädigten in bedenklicher Weise den normalen Rechtsweg beschneidet. Jüngst kam die Bergbehörde unrühmlich ins Gerede,weil sie durch absolut mangelhafte Begründung dem Verwaltungsgericht die Vorlage lieferte, den Verwaltungsakt eines begrenzten Förderstopps ( im Flöz Grangeleisen) aufzuheben.

Als „Skandal“ bezeichnen die Gegner von Kohleabbau unter Wohngebieten die Verwaltungspraxis der Bergbau-Aufsichtsbehörde. Diese kann es sich anscheinend leisten, grundlegende Verwaltungsakte zum Kohleabbau ohne Schriftform zu erlassen, was – wie der Minister einmal mahnte – „schon aus Gründen der Dokumentation“ schriftlich zu erfolgen habe. Immer wieder monieren die vom Bergbau Betroffenen Defizite in der Amtsführung der Bergaufsicht.Diese ist oft abhängig von den Informationen, die ihr die DSK zukommen läßt.So ist es bei der Feststellung der Schwingungsgeschwindigkeiten durch die „Erderschütterungen“. Bei den bergbaubedingten Beben ist die Behörde völlig auf externe Informationen angewiesen, denn das Kohleland hat nicht eine einzige geologische Messstelle.

In diesen Tagen wurde auf Umwegen ein Verwaltungsakt bekannt, den der 1. Beigeordnete der von „Erdbeben“ heimgesuchten Stadt Lebach eine „Ungeheuerlichkeit“ nannte:
Nach einer unerträglichen Zunahme der Bergbau-Beben an Zahl und Stärke Anfang 2005 richtete das Wirtschaftsministerium wieder mal eine Expertenkommission ein. Aufgrund der Gutachten wurde die Geschwindigkeit des Kohleabbaues pro Tag von 5,20 m auf 4,40 m bzw. 3,60 m reduziert, was zu einer gewissen Verbesserung führte.

Doch durch die Zunahme des Erdbebenterrors in der 2.Jahreshälfte wurden die Bergbau- Betroffenen mißtrauisch. Auf Umwegen erfuhren sie, dass das Bergamt ‚klammheimlich‘ schon seit Juli und September die Abbaubeschränkungen nacheinander aufgehoben hatte! Das war zu einer Zeit, als sich der Ministerpräsident noch völlig ahnungslos gab.Er bewahrte auch Stillschweigen über den damals zwischen Regierung und DSK abgeschlossenen ‚Geheimvertrag‘, der dem Ziel einer langfristigen Kohleausbeutung der Primsmulde dient.

Die “ interne“ Aufhebung der Abbau-Beschränkungen war eindeutig ein Fehlgriff der Bergaufsicht, welche die schlimmen Abbaufolgen wie eine Lappalie behandelt. Sie lässt sich durch nichts entschuldigen, auch nicht durch die Erklärung, der Minister und sein Staatssekretär seien „keine Juristen“. Ich meine: Jeder blamiert sich, so gut er kann.

Peter Haberer, Lebach