So heftig wie noch nie

Kinder schreiend auf der Straße

Um 18:51 Uhr bebte die Erde, ausgelöst durch den Kohleabbau unter Falscheid im Flöz Schwalbach, so heftig wie noch nie in diesem Jahr. Die Bebenmessstation in Freiburg gab den Wert 3,4 auf der Richterskala an.

Das Beben hatte wieder beängstigende Ausmaße. Um es an meinem persönlichen Erleben zu erläutern: Im Arbeitszimmer meiner Frau fielen Bücher aus dem Regal, im Zimmer meines Sohnes CDs aus dem Schrank. In unserer Küche fiel eine leere Weinflasche um, so heftig wurde das Haus hin und her bewegt. Die 9-jährige Tochter meines Nachbarn lief schreiend auf die Straße!

Ich war beim Vorbereiten des Abendessens und verschränkte nur noch die Hände zum Schutz über dem Kopf, als es krachte. Ist das noch ein Leben, wenn man täglich mit derartigen Attacken rechnen muss, wenn man nicht abschätzen kann, wann ein Möbelstück umfällt oder gar eine Wand einstürzt?

Bergbau bedingte Beben nehmen wir hier in Falscheid seit 1996 wahr. Beim damaligen Abbau im Streb 8.3./8.4. kann ich mich an ein einziges Beben erinnern. Es müssen mehr gewesen sein, allerdings eher spürbar im Raum Heusweiler. Damals ließ sich die DSK, damals noch Saarbergwerke, per Gutachten bescheinigen, dass sie nicht der Verursacher war. Beim Abbau unter Reisbach redete sich die DSK 4 Monate heraus, bis die Bergbaubetroffenen die Messdaten der Bebenmessstationen im Internet fanden, die mit Epizentrentiefen von 1 km keinen Zweifel mehr am Verursacher ließ. Seitdem ist von der DSK zu hören, Erderschütterungen seien übliche Begleiterscheinungen des Bergbaus.

In dem damaligen Abbau 1997/8 unter Reisbach gab es noch kein Beben mit einer Stärke über 2,9, beim ersten Abbau unter Falscheid 2000 – 2002 waren es 8 Beben mit einer Stärke von 3,0 und mehr. Beim jetzigen Abbau seit Juli 2004 sind es nunmehr schon 15! Das stärkste wurde in Straßburg am 22.09.2005 mit 3,7 gemessen!

Das Ausmaß der in einem Gutachten, das vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde und in dieser Woche vorgestellt wurde, zeigt in erschreckendem Ausmaß die körperlichen und psychischen Belastungen, denen wir hier ausgesetzt sind. Die Gutachterin sieht Handlungsbedarf zur Überprüfung der Zumutbarkeit dieser Belastungen. Der Gesundheitsminister hat aber schon bei der Vorstellung des Gutachtens das Ergebnis einer solchen Untersuchung präsentiert: Es ist noch nicht genug passiert, der Bergbau geht weiter! Die mehrfach gestellte Frage, wieviel Tote es geben muss, bevor die Landesregierung und ihre untergeordnete Behörde (Bergamt) reagiert, ließ er unbeantwortet.

Gerhard Ziegler
(Vorstandssprecher)