Muss es erst Tote geben?

Brief eines Betroffenen an Gesundheitsminister Hecken

Sehr geehrter Herr Minister Hecken,

sofern Ihre in der SZ geschilderten Zitate zum Thema „Gutachten der UNI Stuttgart“ korrekt wiedergegeben sein sollten, wäre ich erschüttert über Ihre Reaktion als verantwortlicher Minister für Gesundheit.

Fakt ist doch, dass die serösen Gutachter der Stuttgarter Universität die verantwortlichen Politiker unmissverständlich aufgefordert haben, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bevölkerung im Saarland, ausgelöst durch den Kohleabbau, ernst zu nehmen und Maßnahmen zum Schutz der Menschen einzuleiten.

Wo bleibt Artikel 2 (2) des Grundgesetzes, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrheit? Auch die von Ihnen selbst beauftragten Gutachter raten dringend, die von den betroffenen Menschen tatsächlich empfundene „Gefahr für Leib und Leben“ juristisch und medizinisch zu prüfen, da Betriebe nur zugelassen werden können, wenn solche Gefahren ausgeschlossen sind (siehe Gutachten Seite 103 oben !).

Dass Bergbau und dessen Folgen die Menschen krank macht, geht unmissverständlich aus dem Gutachten hervor. Und fest steht zudem, dass Bergbau an der Saar auch in Zukunft nicht ohne gesundheitliche Auswirkungen auf die Menschen weiter betrieben werden kann.

In den letzten 5 Jahren registrierten unabhängige Erdbebenzentralen über 300 durch den Bergbau ausgelöste Erderschütterungen im Saarland mit einer Bebenstärke von jeweils 2,0 bis 3,8. Gestern wurden mehrere 10000 Saarländer durch einen weiteren Erdstoß noch nie dagewesener Intensität aufgeschreckt und erneuten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt (Bebenstärke 3,4 bei einer Schwingeschwindigkeit von über 70 mm/sek!).

An Gebäuden muss laut DIN-Norm schon ab 10 mm/sek mit Schäden gerechnet werden… Muss es erst Tote geben, bevor der Gesundheitsminister wirklich reagiert und ernsthaft Abhilfemaßnahmen initiiert? Sie können doch jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen und sich hinter uralten und längst überfälligen preußischen Gesetzen verkriechen…

Angesichts dieser Zustände frage ich mich, ob die Gesundheit der Menschen und deren Eigentum auf der Strecke bleiben? Oder leben wir in einer Bananenrepublik? Ist die Regierung am Ende mit ihrem Latein? Fragen über Fragen, die nur die verantwortliche Politik der Bevölkerung beantworten kann und muss.

Ich appelliere an Ihr Verantwortungsgefühl, die Menschen die Sie ins Amt gewählt haben, nicht im Stich zu lassen und im Hinblick auf deren Schutz dringend tätig zu werden.

Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass der soziale Frieden durch fortgesetzten Erdbebenterror im Saarland mehr als nur gefährdet ist. Als Betroffener kann ich dies sehr gut einschätzen. Laut Gutachten haben mehr als 80 Prozent der von den negativen Folgen des Bergbaus betroffenen Menschen im Saarland eindeutig das Vertrauen in die Saarländische Landesregierung verloren. Auch das sollte Ihnen zu denken geben….

Und die Zahl der Unzufriedenen wächst mit jedem Tag an dem die Erde wieder bebt im Saarland..!!

Sie werden sich am Tag der nächsten Landtwagswahl nur ungern an mein Schreiben erinnern, falls Sie bis dorthin überhaupt noch im Amt sein werden….

Ich frage Sie nunmehr ohne jegliche Polemik: Was gedenken Sie als verantwortlicher Gesundheitsminister zum Schutz meiner eigenen Gesundheit und mehrerer 10000 vom Bergbau betroffener Menschen im Saarland tatsächlich zu tun? Besteht ein Konzept Ihrerseits über die weitere Vorgehensweise in Ihrem Hause oder verschwindet das Gutachten samt Empfehlungen in der Schublade Ihres Büros?

Ich würde mich sehr über eine persönliche individuelle Antwort Ihrerseits und nicht irgendeinem vorgeschobenen Assistenten oder Referenten freuen. Das Thema ist nach meiner Einschätzung „Chefsache“.

Mit freundlichen Grüßen eines sehr besorgten Bürgers dieses Landes, der die Hoffnung in die Politik noch nicht ganz aufgegeben hat