Bergbau-Erschütterungen: unvorstellbar, aber geringes Medien-Interesse, weil keine Toten

„Schwere psychosomatische Angstkrankheit mit reaktiver Depressionsbildung als Folge der ständigen Erderschütterungen an ihrem Wohnort“ zählen für Gesundheitsminister Hecken nicht

Zum Gesundheitsgutachten:
Fehlende Untersuchungen oder Vorschriften zum Schutz der vom Bergbau Betroffenen lassen die Verwaltungsgerichte kalt. Einzelbürger können sie nicht einfordern, weil das Bundesberggesetz es nicht vorsieht, genau so wenig wie Sammelklagen: „Der Behörde sei ein planerischer Gestaltungsfreiraum einzuräumen, dessen Wahrnehmung der gerichtlichen Nachprüfung entzogen sei“ kommentierte der Verwaltungsjurist und ehemalige Bergschadensbeauftragte Hontheim (www.lebach.de) eine Entscheidung des VG Saarlouis vom 04.10.04.

„Das Argument der unzureichenden Vorsorge gegen die Gefahr für Gesundheit und Leben “ ließ das Verwaltungsgericht nicht greifen.“Es sei insbesondere nicht belegbar, dass durch plötzliche Bergbau-Beben es zur Gefährdung der Gesundheit komme. Die Richter verstiegen sich gar zu der unbewiesenen Behauptung, dass „gerade die Erfahrungen aus Gebieten mit natürlicher Erdbebengefährdung (etwa Kalifornien) zeigen, dass die Bevölkerung auch im Bewusstsein der permanenten großen Gefährdung nicht nachhaltig krank geworden sei.“

Selbst wenn z.B. von Fachärzten Patienten mit der Diagnose „schwere psychosomatische Angstkrankheit mit reaktiver Depressionsbildung als Folge der ständigen Erderschütterungen an ihrem Wohnort“ behandelt werden, zählt das für den saarländischen Gesundheitsminister nicht. Er missachtet sogar die alarmierenden Ergebnisse der von ihm selbst in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Befragung (Bei der Ärztekammer wurde das Theme der bergbaubedingten Erdbeben vor Jahren in einem Ausschuss begraben).

Welches Interesse vertritt die CDU-Regierung, wenn sie zunächst eine Umfrage bei Medizinern veranlassen will, anstatt – wie FDP und Grüne im Landtag forderten – gleich ein richtiges wissenschaftliches Gesundheitsgutachten zu starten?

Hintergrund

Die Interessenvertretung zur Abwendung von Bergschäden (IGAB) hat nach der Auswertung des Offiziellen Nationalen Erdbebendienstes in Straßburg folgende Statistik veröffentlicht.

Zwischen 01.07.04 bis 31.12.05, also an 549 Tagen gab es im Abbaugebiet des Bergqwerks Saar folgendes ermittelt:

105 bergbaubedingte Beben mit einer Stärke von mindestens 1,9 auf der Richterskala;
39 bergbaubedingte Beben mit einer Stärke von mindestens 2,5 auf der Richterskala;
10 bergbaubedingte Beben mit einer Stärke von mindestens 3,0auf der Richterskala.
In der Schlafenszeit zw.21.00 Uhr abends und 6.30 Uhr morgens fanden 39 Beben statt; das sind 37 Prozent !

Von 01.01.06 bis 16.03.06 gab es nach den von der DSK veröffentlichten Schwingungszahlen 37 Erdbeben. Davon hatten 4 eine Stärke von über 3,0 und mindestens 2 eine Stärke von 2,5 bis 2,9 auf der Richterskala.

Die DSK betont, dass die Schwingungszahlen (gemessen in mm/s) mehr über die Intensität der „Erderschütterungen“ aussagen als die Werte auf der Richter-Skala; nach den Gutachten des Bergbauwissenschaftlers Prof.SROKA gibt die Schwingungsbeschleunigung ( gemessen in mm/s² ) noch besser Auskunft über die Schädlichkeit der Schwingungen.

So hatten bis Mitte März in dem Zeitraum von 70 Tagen 36 Bergbau-Beben stattgefunden;ein Drittel etwa zur Nachtzeit! Es hatten 2 Beben maximale Schwingungen von 10-19 mm/s, 3 Beben 20 – 25 mm/s und 1 Beben sogar eine Schwingungszahl von 71 mm pro Sekunde !

Ein so starkes Bergbaubedingtes ERDEBEBEN hat es im deutschen Steinkohlenbergbau noch nie gegeben !!

Nach den Richtwerten von Prof. Sroka ist (neben der Geologischen Struktur, der Abbauhöhe und der Abbaubreite von 760 Metern) die hohe Abbaugeschwindigkeit die Hauptursache für die Erdbeben.

Das zeigte sich besonders dann, als das Bergamt nach zweimaliger Reduzierung des Abbautempos von 5,20 m auf 4,40 bzw. 3,60 m pro Tag heimlich durch internen Verwaltungsakt der DSK die alte Abbaugeschwindigkeit erlaubte!

Peter Haberer, Lebach