Kohlepolitische Gespräche ohne Betroffene

Heute Donnerstag den 21.09.2006 fanden in Berlin kohlepolitische Gespräche ohne die Beteiligung der Bergbaubetroffenen Deutschlands statt. Dies ist ein Skandal!

Den Medien ist zu entnehmen, dass in diesem Jahr schon mehrfach Expertenrunden, so genannte „Kohlepolitischen Gespräche“ des Wirtschafts- und Finanzministeriums, unter Beteiligung der Landesregierungen der beiden Förderländer NRW und Saarland, des Energiekonzerns RAG und deren Tochterunternehmen DSK, sowie von Funktionären der Bergbau-Gewerkschaft IGBCE stattfanden. Es ging und geht dabei um die Bedeutung der deutschen Steinkohle für die Energieversorgung in der Bundesrepublik und die Fort-setzung der Subventionierung der Kohleförderung in Milliardenhöhe. Heute tagt dieses Gremium erneut.

Aus Gründen der Kostenersparnis wird der Kohleabbau im Bruchversatz betrieben. Dabei lässt man die ausgebeuteten Strebe einfach zusammenfallen. Bei einer Mächtigkeit von über 3 Metern führt dies zu entsprechenden Senkungen, Pressungen und Zerrungen. Das führt zu Schäden an Häusern in der Abbauregion, deren Regulierung jährlich Hunderte von Millionen Euro kostet, wenn diese überhaupt als Bergschäden vom Verursacher aner-kannt werden. Im Saarland und NRW findet der Kohleabbau fast ausschließlich mit Aus-wirkung auf bewohntes Gebiet statt. Erschwerend kommt in einigen Abbaugebieten hinzu, dass es zu zusätzlichen Schäden durch bergbaubedingte Erdbeben kommt.

Im Saarland ereignen sich bergbaubedingte Erdbeben in einer Stärke, wie sie bisher in der Bundesrepublik noch nicht vorgekommen sind. In diesem Jahr waren es schon über 145, Erdbeben, mit Rekordschwinggeschwindigkeiten bis 70 mm/sek, die die Gesundheit und das Eigentum der Bergbaubetroffenen zerstören.

Die unmittelbar davon betroffenen Menschen haben sich mit einer bis zu 50%-igen Minderung des merkantilen Minderwerts ihres Eigentums abzufinden, für die sie keinen Ersatzanspruch haben. Eine unzulängliche und teilweise willkürliche Schadensregulierung, sowie die Erdbeben stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität bis zu schwersten gesundheitlichen Schädigungen dar. Trotzdem sitzen die Bergbaubetroffenen Deutschlands nicht mit am Tisch, wenn in Berlin über die Zukunft der Kohlepolitik in Deutschland verhandelt wird. Dies ist ein Skandal!

Bei Verhandlungsrunden, an denen nur Politiker, Bergbaukonzerne und die Interessen-vertreter der Bergleute beteiligt sind, bleibt das Schicksal der Geschädigten außen vor. Wenn Politiker und Gewerkschaftler von einem „sozial verträglichen Ende des Bergbaus“ reden, denken sie ausschließlich an die Absicherung der RAG/DSK-Mitarbeiter. Dass auch an eine Sozialverträglichkeit für die Geschädigten gedacht werden muss, deren Anzahl ein Vielfaches der im Bergbau Beschäftigten ausmacht, bleibt in einer solchen Gesprächsrunde unberücksichtigt.

In trauter Einigkeit reden Bergbauunternehmen und Gewerkschaft die Höhe der Folgekosten des Kohleabbaus, auch „Ewigkeitskosten“ genannt, auf denen die Solidar-gemeinschaft – sprich die Steuerzahler – auf ewige Zeiten sitzen bleibt, sollte der Börsengang eine zu geringe Kapitalausstattung für die Auffangstiftung erbringen, schön. Insofern ist es gut nachzuvollziehen, dass die RAG ihre unwirtschaftliche Tochter DSK vor dem geplanten Börsengang loswerden möchte.

Um die Interessen der Bergbaugeschädigten überhaupt ins Gespräch zu bringen und auf den ökonomischen und ökologischen Widersinn des Bergbaus und eine verfehlte Subventionspolitik hinzuweisen, hat die Aktionsgemeinschaft der Bergbaubetroffenen mit den Landesverbänden der Bergbaubetroffenen aus NRW und dem Saarland, mit der Unterstützung des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller die Teilnahme an den kohlepolitischen Gesprächen schon seit Anfang dieses Jahres gefordert.

Wie wenig das Schicksal der vom Bergbau gepeinigten Menschen die Initiatoren dieser Gesprächsrunde interessiert, zeigt die Tatsache, dass Briefe der Aktionsgemeinschaft der Bergbaubetroffenen Deutschlands, in der die Landesverbände Saarland und NRW organisiert sind, an den Bundeswirtschaftsminister Glos in Berlin bis auf den heutigen Tag unbeantwortet blieben. Noch nicht einmal der Eingang der verschiedenen Schriftstücke wurde bestätigt.

Aus Sicht der vom Kohlebergbau Geschädigten sind Gespräche ohne Vertretung der betroffenen Bundesbürger ein offener Affront gegen eine Bevölkerungsgruppe, die mit ihrer Gesundheit und ihrem privaten Vermögen die größte Last der negativen Auswirk-ungen der deutschen Kohle- und Energiepolitik zu tragen hat. Wenn schon die IGBCE als Interessenvertretung von 34.000 Bergleuten gehört wird, die Verbandssprecher von 500.000 Bergbaubetroffenen kein Gehör finden, so ist dies nicht hinnehmbar.

Daher fordert die Aktionsgemeinschaft der Bergbaubetroffenen Deutschlands dringend die verantwortlichen Politiker in den Bundesländern Saarland und NRW und in der Bundesregierung auf, die Verbände der Bergbaugeschädigten in Deutschland gleichbe-rechtigt an den kohlepolitischen Gesprächen zu beteiligen.