Kohlevereinbarung: Verschleierung und Verdummung

Quellen:
Kohlekompromiss bringt Klarheit und Strukturhilfen – Pressemitteilung Landesregierung 08.02.07-12.15 Uhr
1) „Bergleute wollen bis 2018 Kohle fördern“- Saarbrücker Zeitung/Wirtschaft vom 07.02.2007
2) „100 Millionen Euro Strukturhilfe für die Saar“ – SZ /Titelseite vom 08.02.2007
3) „Kohlegespräche verschleiern Perspektive fürs Saarland“ SZ vom 03.02.2007
4) Landtagsprotokoll 13.Wahlperiode, 5.Sitzung am 15.Dez.2004

Die Vereinbarung des Berliner Kohlegipfels bringe Klarheit und Perspektive auch für die vom Bergbau betroffenen Menschen an der Saar erklärte der Ministerpräsident vor der Presse in Saarbrücken. Das war schon alles, was er den Menschen in der Bergbau-Region zu sagen hatte.

Sehr ausführlich dagegen sprach Peter Müller über die jetzt erreichte Perspektive für die Bergleute und ihre Familien. Planungssicherheit, Sozialverträglichkeit und Unkündbarkeit seien nun für die Bergbau-Beschäftigten (davon die Hälfte Bergleute!) gesichert bis 2018. Jetzt sei es Aufgabe des Unternehmens, den Auslaufprozess bis 2018 festzulegen.

Natürlich kein Wort zu den heissen Themen: objektives Genehmigungsverfahren, Sofortvollzug, neutrale Schadensregulierung Abbau der Primsmulde Nord.

Wie bisher – betonte Peter Müller – werde das Saarland „keine Beihilfen für den Kohleabsatz zahlen“. Das war ja absolut richtig:denn für den „Verzicht der Anteile an Saarberg“ – unterstrich Maas/SPD noch am 15.Dez.2004 im saarländischen Landtag – „sind wir von den Kohlebeihilfen befreit worden“.

Trotz der miesen Finanzlage hatte das ‚Armenhaus der Republik‘ rund 1,5 Milliarden DM in die Saarbergwerke AG ‚investiert‘. Und für diesen auf über 1 Milliarde DM taxierten Vermögensanteil zahlte nachher die RAG nur 1 (eine) symbolische DM.! Obendrauf legte der Bund – quasi als Mitgift für die RAG – noch 2 Milliarden DM für die Übernahme der Saargruben! Von Maas weiss man auch, dass „der Bund dem Land 300 Millionen Euro an Kosten abgenommen hat“, als in 2006 die „Bugwelle“ von nicht bezahlten ‚Kohlehilfen‘ bereinigt wurde.

Dass in Berlin eine Strukturhilfe von 100 Millionen für die Saar abgesprochen wurde, ist herzlich wenig. Dass dafür die DSK aufkommen soll, ist nur recht und billig angesichts der Bereicherung der RAG auf Kosten des Saar-Bergbaues.

Dass sich das Saarland, das „kein Geld Geld hat für eine dritte Sportstunde“ (CDU-MdL Kuhn-Theis) und den Zuschuss an die Uni oder an die Blinden kürzte, „wie bisher auch in den nächsten Jahren mit APG-Mitteln den sozialverträglichen Anpassungsprozess“ begleitet, ist geradezu unverständlich.

Aus dem fast bankrotten Landeshaushalt werden pro Jahr rund 13 Millionen Euro als APG-Gelder zur Flankierung der Anpassung der Bergbau-Kapazitäten abgezweigt. Auf 10 Jahre berechnet ergibt das einen Bedarf von 130 Millionen Euro für die ständig ca.1700 Bergbau- Mitarbeiter, die schon ab 48.Lebensjahr für 5 Jahre „in Anpassung“ gehen können. Für diese Frührentner-Finanzierung reichen noch nicht einmal die 100 Millionen Euro, die eigentlich an der Saar den Strukturwandel ermöglichen sollen.

Verschleiert wird letztlich auch, dass für die öffentliche Hand in der Bergbau-Endlösung eine Zeitbombe tickt, wenn der neue RAG-Konzern aus dem Haftungsverbund für den Bergbau entlassen ist. Im Falle eines finanziellen Fiaskos der geplanten Kohle-Stiftung müssen nämlich Bund, NRW und Saarland zu je einem Drittel für die Ewigkeitskosten haften.

Dass gewisse Spitzenfunktionäre von SPD und Gewerkschaft an einem ewigen Kohlesockel festhalten wollen, ist nicht mit rationaler Politik, sondern nur mit dem Wunsch auf Erhalt ihrer Wähler-Klientel zu erklären. Da nutzen auch die mahnenden Worte führender Europa-Politiker nichts, dass ein solcher Kohlesockel nicht machbar ist, weil er mit europäischem Recht unvereinbar ist.

Sorgenvoll fragt sich der mündige und informierte Bürger, wie die Wähler bei so viel Verschleierung und Verdummung den Durchblick haben sollen.Als von den Folgen des Subventionsbergbaues Betroffener muss er erneut die Erfahrung machen, dass ‚denen da oben‘ sein Eigenheim, seine Lebensqualität und seine Gesundheit einen Dreck wert sind.

Geschrieben von PETER HABERER, Lebach/Saar – Bergschaden- und Erdbebengebiet – am Tage nach dem Kohlegipfel der Großen Koalition