Hilferuf Sozialverträglichkeit

Reisbach, 22.3.2009

Herrn
Peter Müller
Ministerpräsident des Saarlandes
Am Ludwigsplatz 14

66117 Saarbrücken

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

in den letzten Monaten hatte die IGAB-Reisbach Sie mehrfach wegen der Sozialverträglichkeit für Bergbaubetroffene angeschrieben.

Ich möchte Ihnen heute in einem persönlichen Schreiben verdeutlichen, was Bergbau für die Betroffenen bedeutet.

Ich werde sehr häufig von Anwohnern angerufen, die zutiefst verzweifelt sind, deren Lebensplanung, deren Gesundheit, deren ökonomische Basis durch den Abbau zerstört wurde. Es ist für mich sehr bedrückend, diesen Menschen mitteilen zu müssen, dass ihnen die Landesregierung nicht helfen will.

Ich hatte Ihnen vor einigen Wochen die Bilder eines Hauses im Wasser zugesandt. Seit dem Abbau der Ostfelder Mitte der neunziger Jahre leidet diese Familie unter den Vernässungen. Als ich die Familie vor zwei Wochen nach einem Hilferuf besuchte und die Frau sah, war sofort ersichtlich: Krebs, Chemotherapie. Die Mitteilung der Frau: Krebs, Ausgang ungewiss, Prinzip Hoffnung. Ihr Arzt hält den seit mehr als 10 Jahren andauernden Stress als Mitursache, wenn nicht als Hauptursache der Erkrankung.

Am letzen Freitag wurde ich in ein Haus im Westen Reisbachs gerufen. Familie mit 5 Kindern, davon drei unter zehn Jahren. Das Haus liegt im Talbereich. Prof. Wagner hat in seinem Gutachten in diesem Bereich allerdings keine Vernässungen ausgewiesen. Seit den Abbauten vernässt das Haus immer mehr. Das Mauerwerk ist bis in den Wohnbereich feucht, verschimmelt. Der Familienvater, wegen eines chronischen Rückenleidens Frührentner, hat kein Geld, ein Haus zu mieten oder gar ein neues zu kaufen. Die Familie, die Kinder werden weiter im Schimmel leben müssen. Sie haben nur noch einen Wunsch, weg von Reisbach.

Das Elternhaus der Familie liegt auch in Reisbach. Auch vernässt. Wer kauft diese Häuser? Der Abbau hat die Familie ökonomisch ruiniert, vielleicht auch gesundheitlich.

Vergleichbare Fälle finden Sie überall in Reisbach. Es geht nicht mehr um die übliche Schadensregulierung, es geht um Sozialverträglichkeit für alle. Jede Pumpe im Keller, jeder Stempel, jeder größere Riss treibt das Haus in die Unverkäuflichkeit und zerstört das einzige Vermögen, die Gesundheit, die Lebensperspektive der Anwohner.

Ich möchte dringend an Sie appellieren, im Sinne richtig verstandener Menschlichkeit den Anwohnern, die den Ort verlassen wollen, dies zu ökonomisch fairen Bedingungen zu ermöglichen.

Die Mutter der Familie mit den fünf Kindern ist bereit, Ihnen – gemeinsam mit mir – ihr Anliegen vorzutragen. Ich bitte Sie um einen Termin.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schneider

Anlage Vernässungsbild: