RADON Studie Dr. Müller, Quierschied

RADON Studie von Dr. med. Karl-Michael Müller, Quierschied : anbei ein Auszug download hier!!

„Schneeberger Lungenkrankheit“im Saarland?

Epidemiologische Aspekte zur Clusterbildung broncho-pulmonaler Malignome ICD-10 C33 -34 in Bergbauregionen des Saarlandes.

radon

 

Die Krebsregistrierung stellt weltweit ein unverzichtbares Instrument zur Erforschung und Bekämpfung von Krebserkrankungen dar. Mit den in den Krebsregistern erhobenen Informationen können die Entwicklung von Häufigkeit, Auftreten und Mortalität bei Krebserkrankungen beobachtet, der Erfolg von Früherkennungsmaßnahmen beurteilt und regionale Unterschiede sichtbar gemacht werden.

Das Krebsregister Saarland ist aufgrund seiner langjährigen erfolgreichen Arbeit, der hohen Qualität und Vollzähligkeit seiner Daten eine sowohl national als auchinternational hoch anerkannte Institution.

Im Europavergleich wird im Saarland ein auffällig höheres Krebs-Erkrankungsrisiko (+41,9%) der Männer deutlich: Nach aktuellen Risikoberechnungen müssen derzeit zwei Fünftel (41,1%) der saarländischen Männer und gut ein Viertel (27,9%) der saarländischen Frauen damit rechnen, bis zur Vollendung ihres 74. Lebensjahres an Krebs zu erkranken.

 

Vor allem beim Lungenkrebs zeigt sich eine alarmierende Entwicklung. Bei den Frauen hat sich die Zahl der Erkrankungen gegenüber den 1970er Jahren verfünffacht. Bei den Männern liegt die Erkrankungszahl noch auf deutlich höherem Niveau, steigt aber seit Jahren nicht an. Zurückgeführt wird diese Entwicklung auf die unterschiedliche Raucherprävalenz in der Bevölkerung. Auch nach Berücksichtigung des Rauchverhaltens gibt es in multinationalen Fall-Kontrollstudien einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Radon-Konzentrationen in Innenräumen und dem Auftreten von Lungenkrebserkrankungen. Die Autoren des saarländischen Krebsatlas weisen ebenso darauf hin, dass auch Radon und ionisierende Strahlung im Wohn- und Arbeitsumfeld sich Risiko erhöhend auswirken. Neben dem Aktivrauchen gilt Radon als zeithäufigste Ursache von Lungenkrebserkrankungen in der beruflich nicht exponierten Allgemeinbevölkerung, noch bedeutsamer als die Belastung durch Passivrauchen. Eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung wurde selbst im Bereich niedriger Dosen gefunden, ohne Hinweis darauf, dass ein Schwellenwert existiert. Das absolute Risiko für Raucher ist um ein vielfaches höher als für Nicht-Raucher. Radon in Innenräumen ist die Ursache für etwa 9% aller Fälle an Lungenkrebs. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen im Bereich der Lunge und der Bronchien haben eine Latenzzeit im Mittelwert bei 43,1 Jahren (Standard-Abweichung 12,5), die Zeitspanne zwischen Beginn der Erkrankung und Tod liegt bei 1,1 Jahren.
„Nachteilige Veränderungen der Umwelt entfalten ihre Wirkung erst in langfristigen Zeiträumen. Gerade bei der Entstehung von Krebserkrankungen ist es wichtig, Krankheitsentwicklungen und Heilungschancen in den Städten und Gemeinden genau zu beobachten (Gesundheitsminister Prof. Dr. Gerhard Vigener am 21.08.2009 bei der Vorstellung des Krebsatlas 1997 -2006 ).

Die kartographische Darstellung Daten des Saarländischen Krebsregisters 1997 – 2006 zeigt bei den broncho-pulmonalen Malignomen signifikant erhöhte SIR (=Standardisiertes Inzidenzratio/(-verhältnis) in Gemeinden des Saarlandes in Bereichen des Altbergbaus / oberflächennahen Bergbaus. 2.537 Neuerkrankungen (32,48%) ereigneten sich im Beobachtungszeitraum in dieser Region. Für diesen Bereich existieren über den Zeitraum von 1996 – 2003 nur lückenhafte und unzureichende Radon-Messungen, insbesondere fehlen ausreichende Messungen in den Problemzonen. Gleichzeitig finden sich diese Bereiche in der Zone mit der höchsten Bevölkerungsdichte und ausgeprägten Bauschäden durch den untertägigen Bergbau. Diese Region ist ebenso Schwerpunktregion der ergiebigen Methangas-Gewinnung des saarländischen Grubengasnetzes wie auch die Region bekannter Grubengas-Ausstritte mit Überwachungsbedürftigkeit. Methan-Austrittsstellen sind Orte potentiell erhöhter Radonkonzentrationen. Es besteht eine hochsignifikante Korrelation zwischen
dem Auftreten von Methan und Radon: Methan bzw. Grubengas gilt als Transportmedium (advektiv) für Radon aus dem Untergrund. Der Radongas-Übertritt aus dem Baugrund in die Innenräume aufsitzender Gebäude wird durch die durch den untertägigen Bergbau vorgeschädigte Bausubstanz begünstigt. Bei der geplanten Flutung der Bergwerke wird es neben neuen mechanischen Schäden an den aufsitzenden Gebäuden und den hierbei neu entstehenden Migrationswegen konsekutiv zu einem zunehmenden Radoneintritt in die aufsitzenden Gebäude kommen. Die hierbei entstehenden Innenraum- Konzentrationen des inhalativen Karzinogens lassen sich im Einzelfall nicht abschätzen und stellen eine unmittelbare und langfristige Bedrohung für die Bewohner der betroffenen Häuser dar, insbesondere auch, weil in der Bevölkerung der Kenntnisstand über die Radonproblematk äußerst gering ist und die möglichen Präventions-Maßnahmen unbekannt sind. Eine Zunahme der Radon-assoziierten Lungenkrebserkrankungen ist zu erwarten.
Aktualisierte, landesweite und regionalspezifische Radon-Langzeitmessungen, die Erstellung eines flächendeckenden saarländischen Radon-Katasters sowie wissenschaftliche Untersuchungen sind dringend notwendig (z.B. Korrelationsanalysen zwischen vorhandenen und entstehenden Bruchspalten und den Radonwerten in Innenräumen aufsitzender Gebäude ). Aufklärungsaktionen für die Bevölkerung über Präventionsmaßnahmen sind unabdingbar. Die ethische Verpflichtung zur Minimierung der Exposition der Bevölkerung des Saarlandes gegenüber dem Karzinogen Radon ist die Handlungsmaxime verantwortungsbewusster Politik , auch unter gesundheitsökonomischen Aspekten, conditio sine qua non.