Mit riesigem Medienaufwand versuchen die Manager aus Stahl-und Metallverarbeitung und dem Kohle-Mutterkonzern „die Politik“ vor ihren Karren zu spannen, den sie selbst in die Krise gesteuert haben. – Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitungsverband WSM und der Kohle-Mutterkonzern RAG sind dabei, den Politikern ihr eigenes Versagen in die Schuhe zu schieben. Die Politik soll nach den Worten von RAG-Müller „ihre ureigenste Aufgabe wahrnehmen“ und die Rohstoff- und Energieversorgung für die Zukunft sichern.Offenbar hat die jahrzehntelange staatliche ‚Beihilfepraxis‘ die Subventionsmentalität derart zementiert, dass auch die EU-Gegenmaßnahmen gegen die Wettbewerbsverzerrungen nichts an der Einstellung der Kohle- und Stahlbranche geändert haben.
Nun erschallt wieder der Ruf nach dem Staat, denn 40 000 Arbeitsplätze in der Branche seien in Gefahr.
Ausgerechnet Friedrich Merz, der bisher im CDU/CSU-Fraktionsvorstand des Bundestages war, wird als Zeuge bemüht mit dem Zitat: für eine „sichere Energieversorgung brauchen wir die Steinkohle“. Diesen Ausspruch aus dem NRW-Wahlkampf kann der bisherige wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion so nicht gemeint haben, wie er hier in diesem „Plädoyer“ für Energiesicherheit -sprich staatliche Hilfe – verwendet wird.Denn sogar SPD-Finanzminister Eichel hatte schon vor Jahren festgestellt, dass die Kohlesubventionen unhaltbar und mit Energiesicherung nicht zu begründen sind.
Die Schuldigen an der Krise sind woanders zu suchen:
RAG-Boss Müller sucht die Ursache für die Preisexplosion und damit für die Gefährdung der deutschen mittelständischen Metallverarbeitung in dem Mangel an Kokskohle.Weil die deutsche Stahlindustrie den Versorgungsvertrag mit heimischer Steinkohle nach 2000 nicht verlängert habe, sei jetzt die Krise mit der Kokskohle eingetreten.Denn seitdem die Stahlunternehmen sich ab 1997 aus dem sog. Hüttenvertrag mit der RAG verabschiedeten, wurde eine Kokerei nach der andern dicht gemacht. Die vorletzte der 28 RAG-Kokereien, die Hightech-Kokerei Kaiserstuhl in Dortmund, wurde nach nur acht Betriebsjahren zum Schrottpreis verhökert. Sie ist auf dem Weg nach China und wird demnächst dort in Produktion gehen.
Die Broschüre des WSM/RAG-Gespanns will suggerieren, Schuld an der aktuellen Krise habe Deutschland(!), das den ganzen Wirtschaftszweig von Stahl, Kohle und Koks verdrängt habe. Der industrielle Mittelstand brauche, „was ihm die Weltmärkte nicht geben können“ – Rohstoffe! Das mündet in die Beschwörungsformel: „Deutscher Koks und deutsche Kokskohle.Diese Rohstoffquelle darf nicht versiegen. Sie muss weiter gefördert werden.“ Das WIE steht nicht da. Gemeint ist natürlich: mit Steuergeldern!
Peter Haberer, Lebach/Saar