Staatssekretär Hettrich: Betroffene seien Mitschuld an Verzögerungen die zum Sofortvollzug führen
Selten ist in der deutschen Medienlandschaft erkennbar, dass die Pro-Kohle-Parolen von RAG/DSK und ihren (meist) profitierenden Befürwortern hinterfragt werden. Erst kürzlich verkündete Kohle-Müller bei Presseterminen, es sei nach wie vor das Ziel der RAG, in Deutschland den Steinkohle-Bergbau zu erhalten.
Die Wirklichkeit sieht anders aus: Nach der größten Umstrukturierung in der RAG-Geschichte will die „neue“ RAG mit den profitablen Teilen des Chemie- und Energiekonzerns unbedingt 2007 an die Börse. Weil sie daran aber die „defizitäre Deutsche-Steinkohle“ hindert, müsste diese vom Staat übernommen werden.
RAG-Müller schätzt, dass der Börsengang vier Milliarden Euro erlösen könne, die dem Staat zufliessen sollten. Doch heute ist die alte Masche ‚Profite selbst kassieren und Verluste sozialisieren‘ nicht mehr mehrheitsfähig. Nur ein naiver Kommentator kann die Prognose verbreiten, mit dem Börsenerlös seien die Pensionen, Altlasten und Dauerrisiken der DSK abgedeckt.
Wie unhaltbar diese Argumentation ist, hat der Chef des RAG-Konzerns an anderer Stelle zum Thema Ende des Bergbaus selbst bewiesen: Jährlich müssten nämlich 550 Millionen Euro aufgebracht werden, „auch wenn keine einzige Tonne Kohle aus der Erde geholt würde“. Das heisst. nach 8 Jahren wäre der vermutete Ertrag des RAG-Börsengangs aufgezehrt. Die Kosten müssten also auf unabsehbare Zeit von der Allgemeinheit bezahlt werden.
Auch der RAG-Vorständler und DSK-Chef Tönjes hat erneut an Glaubwürdigkeit eingebüsst: Auf einem ‚Erdbeben – Gespräch‘ mit Ministerpräsident Peter Müller vor Hunderten von Bergbau-Betroffenen versprach Tönjes eine umgehende Verbesserung der Schadensregulierung im Bereich des Bergwerks SAAR. In der von bergbaubedingten Erschütterungen gebeutelten Lebacher Region stellte er die Anerkennung der Erschütterungsschäden mit einer registrierten Schwingung von über 5mm/s als ’normale Bergschäden‘ in Aussicht.
Seit 4 Monaten arbeitet die DSK an einem entsprechenden Kriterienkatalog – bisher ohne Ergebnis. Und die Saar-Regierung wartet ab, wie Staatssekretär Hettrich sagte.Auf einer Veranstaltung am 17.Juni in Reisbach/Saar erntete er von empörten Bergbau-Geschädigten scharfe Kritik, u.a. auch wegen des von der Bergaufsicht seit 14 Jahren praktizierten Sofortvollzugs. Das Bergamt hätte die Pflicht, dem Bürger das Recht auf einen ungeschmälerten Rechtsweg (über Einwendung, Widerspruch und Klage) zu sichern. Es müsste nur die Taktik der DSK unterbinden, welche die Anträge der lange Jahre vorgeplanten Maßnahmen so kurzfristig vorlegt, dass mit dem Abbau zugleich der Sofortbeginn genehmigt wird, obwohl dies im Verwaltungsrecht nur für den Ausnahmefall vorgesehen ist.
Mit gesteigertem Unmut reagierten die Bergbau-Geschädigten, als der Staatssekretär sein seltsames Demokratieverständnis offenbarte: mit ihren vielen Einwendungen seien die Betroffenen mitschuld an Verzögerungen!
Peter Haberer, Lebach