Glosse: Der Montag nach der Katastrophe

So kommt das Saarland ganz groß raus

Wie kann man schlimme Ereignisse am besten zusammenfassen? Man wartet zwei Tage und liest die Presse. So auch nach dem schrecklichen durch den Steinkohle-Abbau ausgelösten Erdbeben mit Schwinggeschwindigkeiten von 71,3 mm/Sekunde am vergangenen Freitag.

Der Schockierte

Das Erdbeben war nach Bekunden von Ministerpräsident Müller so schlimm, dass er nach einem Besuch in Falscheid schockiert war. So schockiert, dass er allen Anstand vergaß und anschließend nach Saarbrücken in die Bütt fuhr.

Müller bettelt nun bei der DSK weitere Beben durch Abbau unter bewohntem Gebiet zu verhindern – was seit 6 Jahren nicht möglich ist, obwohl „die Experten“ regelmäßig tagten. Verlangt nun gar präventive Aufklärung über die Gefahren, die sich durch den Bergbau ergeben können.

Der Ablehner

Eben jene präventive Aufklärung könnte vor allem ein medizinisches Gutachten über die gesundheitlichen Auswirkungen bringen, das Gesundheitsminister Hecken zwar schon 2004 als richtiges Instrumentarium deklarierte, dessen Realisierung er aber bis heute ablehnt.

Der Gelassene

Nun verfällt nach schlimmen Ereignissen nicht jeder in übereilten Aktionismus. So auch Wirtschaftsminister Georgi, der am Samstag keinen Anlass sah schnell einen Krisenstab ins Leben zu rufen. Irgendwann in der kommenden Woche sei schon ausreichend. Genaueres könne er nicht sagen.

Die Hilflosen

„Ein Abbaustopp sei rechtlich nicht möglich“, so Ministerpräsident Müller zum SR. Ist ja auch verständlich, genehmigt die nachstehende Bergbehörde doch mittlerweile im 16. Jahr in Folge alle Kohleabbauten im Sofortvollzug: Ein Verfahren, welches dafür sorgt, dass die Rechte der Betroffenen nicht ausreichend gewürdigt werden. Das unter der Berücksichtigung der Gefahren für Leib und Leben erfolgt, wobei der Ministerpräsident ja eben erst feststellte, dass man zukünftig präventiv die Gefahren erkennen müsste. Ein Paradoxum. Wo käme man denn hin, wenn im Ernstfall die Genehmigung wieder zurückgezogen werden könnte? Anlass für einen Abbaustopp scheint niemand der Verantwortlichen zu sehen. Ist dies nicht verantwortungslos?

Die Lösung?

Nehmen wir einfach das Fastnachtsgedicht von 2001 der ehemaligen Sozialministerin Görner:

Das Saarland hat man jetzt vernommen,
muss schnellstens in Bewegung kommen,
Gemütlichkeit ist nicht gefragt,
jetzt ist Dynamik angesagt
und darum muss in Lebach eben,
jetzt auch die Erde kräftig beben.
Und so bebt Kirche, Kneipe , Haus
So kommt das das Saarland ganz groß raus.

Das hebt die Stimmung, vielleicht nicht in den betroffenen Ortslagen, aber allem Anschein nach in Saarbrücken. Und gute Stimmung ist wichtig für ein Aufsteigerland. Was interessiert da die Gesundheit und die Altersvorsorge der Betroffenen.