Nach dem Beben ist vor dem Beben

kritische Einwände zum dritten Jahrestag des schwersten bergbaubedingten Erdbebens in Deutschland vom 23.02.2008 des Landesverbandes der Bergbaubetroffenen Saar e.V.

Am 23.02. 2011 jährt sich zum dritten mal Deutschlands stärkstes bergbaubedingtes Erdbeben in der Region Saarlouis. Ausgelöst wurde das schwere Erdbeben mit einer maximalen Schwinggeschwindigkeit von über 93mm pro Sekunde von dem Bergwerk Ensdorf im Flöz Primsmulde Süd.

Tagelang war das Erdbeben ein Thema in den deutschen und ausländischen Medien. Politiker zeigten vor Ort ihre Betroffenheit und profitierten bei den nachfolgenden Wahlen z.B. 2010 bei der Landtagswahl von den Stimmen der Bergbaubetroffenen. Das Beben vom 23.02. und alle vorausgegangen bergbaubedingten Erdeben, (Mitte der 90iger Jahre bis 2008 wurden über 1000 Erdbeben in der Region registriert) hat nicht nur Schäden an den Gebäuden, den Versorgungsleitungen in den Kommunen und an der Gesundheit der betroffenen Bevölkerung verursacht, es hat die politische Landschaft an der Saar nachhaltig verändert.

Der von den Bergbaubetroffenen mit herbei geführte politische Wandel an der Saar brachte aber bis heute keine, wie von den Politikern öffentlich zugesagte, substanzielle Verbesserungen für die Bergbaubetroffenen an der Saar. Selbst die Schäden, durch das Beben an Gebäuden, sind noch nicht vollständig reguliert. Der Bergbau mit seinen Gefahren für Leben und Gesundheit wird bis Mitte 2012 in der Region Saarwellingen-Reisbach fortgeführt.

Politiker, die sich demonstrativ bei den zahlreichen Demos gegen die bergbaubedingten Erdbeben und die daraus resultierenden Belastungen für die Menschen an die Seite der Betroffenen stellten, sind heute mit Engagement dabei dem Bergbau an der Saar ein „ruhmreiches Denkmal“ zusetzten. Der Landesverband der Bergbaubetroffenen Saar e.V. warnt alle im Auslauf des Bergbaues an der Saar Beteiligten vor einer einseitigen „Traditionspflege“ die, die Belastung der Betroffenen durch den Bergbau ausklammert.

Genau wie man Jahrzehnte lang die Einwendungen und Mahnungen der Bergbaubetroffenen nicht ernst nahm, genau so hört man heute im Prozess des Auslauf Bergbaues nicht auf die Einwände und Forderungen der vom Bergbau betroffenen Menschen in der Region. Selbst wenn der Bergbau an der Saar ausläuft wird er nicht heilende Wunden, Altlasten und Ewigkeitskosten hinterlassen, die nachfolgende Generationen von Saarländern schmerzlich erfahren und bezahlen werden.

Beispiele und Gefahrenquellen die vom auslaufenden und stillgelegten Bergbau ausgehen und auch die sogenannten Ewigkeitslasten darstellen, wurden den Verantwortlichen in allen Bereichen, in der Politik, bei der bergbaubetreibenden Firma RAG, den Kirchen, Gewerkschaften und den Medien im Saarland und Deutschlandweit von den Verbänden und Vertretern der Bergbaubetroffene benannt.

Als Beispiele seien hier genannt:

  • klassische Bergbauschäden die jahrzehntelang nach der Stilllegung weiter entstehen werden
  • Wohngebiete die auf alten nicht verfüllten Bergbaustollen stehen
  • Hohlräume unzureichend bekannt
  • Grubenwasserhaltung,
  • Pumpen auf alle Ewigkeit
  • Verseuchung des Grundwassers und der Fließgewässer
  • altlastverdächtigen Flächen die keiner neuen Nutzung zugeführt werden können
  • erhöhte Radonkonzentration
  • notwendige Grundwasserreinigung an schadstoffbelasteten Standorten
  • Schäden u. daraus resultierende Dichtheitsprüfung(bis 2015 Pflicht) für kommunale, private Kanäle und Hausanschlüsse
  • Methangasaustritte bei Flutung alter Stollen
  • Schäden an der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrsnetzes
  • Schadstoff- und Gefahrenquellen wie Bergehalden, Altbergbau (über 500 unbekannte Bergbaueinrichtungen unter der Erde gibt es laut KPMG Gutachten allein im Saarland)
  • Gründung der „Kohlestiftung“ wird nicht gelingen, zu geringe finanzielle Ausstattung zur Beseitigung der Bergbaulasten in NRW u. an der Saar. Finanzierung der Ewigkeitslasten geht zu lasten der Kohleländer und des Bundes
  • Erneute Gefahr bergbaubedingter Erdbeben durch den aktuellen Abbau

    Nach § 55 Nr. 7 BBergG ist ein Abschlußbetriebsplan zum Auslauf des Bergbaues und der Endgültigen Stilllegung des letzten Bergwerkes an der Saar zwingend vorgeschrieben.

    Der Abschlußbetriebsplan ist Voraussetzung für die Entlassung aus der Bergaufsicht und die endgültige Betriebseinstellung.

    Der LV der Bergbaubetroffenen Saar e.V. als Vertreter der Betroffenen an der Saar wurde bis zum heutigen Tag nicht in die laufende Planung involviert oder gehört. Der Lenkungsausschuss, der ins Leben gerufen, dient nach Wissen des LV nur zur Vermarktung der Bergbauflächen.

    Die vorgenannten Themen und Gefahren die auch noch von einem stillgelegten Bergwerk ausgehen sind nach dem heutigen Wissenstand des LV noch nicht im Ausschuss besetzt. Auch wurde eine Einbindung des LV der Bergbaubetroffenen, wie vor der Wahl von heute verantwortlichen Politikern als „machbar“ bezeichnet, noch nicht in die Praxis umgesetzt.

    Wer übernimmt die Verantwortung wenn trotz des Hinweises auf die Gefährdungspotenziale des Bergbaues es wieder so einem dramatischen Ereignis wie am 23.02.2008 kommt. Auch vor diesem Datum blieben die Einwände der Bergbaubetroffenen bei den Verantwortlichen beim Bergbaubetreiber, in der Politik und in den Medien nicht beachtet. Warten wir auf den nächsten großen Knall?

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